islam.de - Druckdokument - Druckdatum: Mittwoch, 15.10.25
https://www.islam.de/35744.php


islam.de - Alle Rechte vorbehalten

Montag, 13.10.2025


Berliner Neutralitätsgesetz: Novelle verfehlt das Ziel und greift erneut Grundrechte an

Keine rechtssichere Anpassung an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts - wiedereinmal - mindest seit fast 30 Jahren - wir Politik auf Kosten des Selbstbestimmungsrecht der Frau gemacht

Die Berliner Landesregierung will ihr umstrittenes Neutralitätsgesetz reformieren – doch der vorliegende Entwurf sorgt weiter für Kritik. Nach Ansicht der Rechtswissenschaftlerin Shino Ibold, die den Entwurf auf dem Verfassungsblog analysiert hat, verfehlt die Novelle ihr eigenes Ziel: eine rechtssichere Anpassung an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Das Neutralitätsgesetz von 2005 verbietet Berliner Lehrkräften, Polizist:innen und Justizbeschäftigten das Tragen sichtbarer religiöser oder weltanschaulicher Symbole.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2015 pauschale Kopftuchverbote für Lehrkräfte für unzulässig erklärt – seither gilt, dass Eingriffe in die Religionsfreiheit nur bei einer konkreten Gefährdung des Schulfriedens zulässig sind. Der aktuelle Entwurf sieht vor, das Verbot für Lehrkräfte auf solche Fälle zu beschränken, in denen eine „hinreichend konkrete Gefährdung oder Störung“ der staatlichen Neutralität oder des Schulfriedens droht. Für Polizei und Justiz soll das bisherige Verbot dagegen nahezu unverändert bleiben.




Kritiker bemängeln, dass der Entwurf zentrale Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts nicht klar genug umsetzt. Die Begriffe „konkrete Gefahr“ oder „Neutralität des Staates“ blieben unbestimmt, alternative Lösungen müssten vor einem Verbot nicht zwingend geprüft werden. Damit drohten weiterhin pauschale Eingriffe in Grundrechte – vor allem in die Religionsfreiheit und die Berufsfreiheit, die insbesondere muslimische Frauen betreffen. Auch das zugrunde liegende Verständnis staatlicher Neutralität wird hinterfragt. Während das Verfassungsgericht Neutralität als Offenheit und Gleichbehandlung aller Religionen versteht, folge Berlin weiterhin einem laizistischen Ansatz, der Religion aus dem öffentlichen Raum verdränge. Fazit der Autorin: Der Entwurf sei weder verfassungskonform noch gesellschaftlich zukunftsfähig. Statt kosmetischer Korrekturen brauche es den Mut, das Neutralitätsgesetz ganz abzuschaffen – für ein offenes, inklusives Verständnis von Staat und Gesellschaft.