Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) begrüßt die Ernennung von Miguel Ángel Moratinos Cuyaubé zum Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von Islamophobia durch Generalsekretär António Guterres. Diese Entscheidung folgt der Resolution 78/264, mit der die UN im März 2024 ein klares Mandat gegen Islamfeindlichkeit beschlossen hat – ein überfälliger Schritt, der nun mit der Benennung einer hochrangigen Persönlichkeit sichtbar gemacht wird.
Die Doppelfunktion Moratinos’ – er bleibt zugleich Hoher Vertreter der Allianz der Zivilisationen – zeigt den Willen der Vereinten Nationen, bestehende Kapazitäten effizient zu bündeln und die Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus strukturell zu verankern. Auch der Europarat hat auf die wachsende Bedrohungslage reagiert. Seit 2023 ist Alexandre Guessel Sonderbeauftragter der Generalsekretärin für antisemitische, antimuslimische und andere Formen religiöser Intoleranz und Hasskriminalität. Damit liegt erstmals eine eigenständige europäische Struktur zur systematischen Bekämpfung auch von antimuslimischem Hass vor. Ergänzend hat die Europäische Kommission Marion Lalisse zur Koordinatorin für die Bekämpfung des Hasses gegen Muslime ernannt. Sie arbeitet mit Mitgliedstaaten, EU-Organen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zusammen, um politische Maßnahmen in diesem Bereich zu stärken, und dient als zentrale Ansprechpartnerin für alle Organisationen, die sich innerhalb der EU gegen Muslimfeindlichkeit engagieren.
Allein im Jahr 2023 wurden in Deutschland 1.464 islamfeindliche Straftaten verzeichnet, darunter 70 Angriffe auf Moscheen – ein Anstieg um über 140 %. Die Dokumentationsstelle CLAIM registrierte 1.926 Fälle antimuslimischer Diskriminierung, doppelt so viele wie im Vorjahr. Muslimische Frauen mit Kopftuch sind besonders häufig betroffen. Studien wie die Leipziger Autoritarismus-Studie 2024 und die FES-Mitte-Studie 2023 belegen, dass antimuslimischer Rassismus in der gesellschaftlichen Mitte angekommen ist. Umso alarmierender ist es, dass selbst ein brutales Hassverbrechen wie der Mord an einem jungen Muslim in einer Moschee im südfranzösischen La Grand-Combe kaum öffentliche Reaktionen in Deutschland ausgelöst hat. Weder aus der Politik noch aus großen Teilen der Presse erfolgte eine angemessene Reaktion – ein beunruhigendes Signal für die Normalisierung antimuslimischer Gewalt.
Angesichts dieser besorgniserregenden Lage erneuert der ZMD seine Forderung nach einem nationalen Beauftragten für muslimisches Leben und gegen antimuslimischen Rassismus. Eine solche Stelle könnte ressortübergreifend koordinieren, den Schutz muslimischer Einrichtungen verbessern, Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen stärken und dem strukturellen Rassismus gezielt entgegentreten. Die Zeit für symbolpolitische Gesten ist vorbei. Es braucht konkrete, institutionalisierte Verantwortung.