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Dienstag, 05.09.2023

Buchkritik: "Faschismus" von Paul Mason – Von Aiman A. Mazyek

Mason argumentiert, dass ohne Normen, Moral, Moralphilosophie und Religion der Faschismus schwer zurückzudrängen ist. Er zitiert Hannah Arendt, die den Faschismus als "zeitweiliges Bündnis zwischen Elite und Mob" bezeichnete und betont, dass das Böse – in Anlehnung an Arendts und philosophische Überlegungen aus Judentum und Islam – die Abwesenheit des Guten ist

Paul Masons "Faschismus" (2022) ist ein interessantes Werk, das sich mit der dunklen Seite des menschlichen Bewusstseins auseinandersetzt. Es ist ein Buch, das nicht nur die historischen und aktuellen Ausprägungen des Faschismus untersucht, sondern auch die philosophischen und moralischen Grundlagen, die ihn ermöglichen. Mason argumentiert, dass der Faschismus eine besonders gefährliche Variante des Bösen ist. Er ist nicht nur eine politische Bewegung, sondern auch eine Ideologie, die das menschliche Leben und die Freiheit ablehnt, gleichsam aber daherkommt gerade diese – aber eben nur scheinbar – zu verteidigen.  Der Faschismus ist, wie Mason es ausdrückt, die "organisierte Ablehnung des menschlichen Lebens". Er ist eine Antimoral, die Menschen entmenschlicht und zu Objekten zu macht, die dann kontrolliert und ausgebeutet werden kann. Die Idee, dass der Faschismus eine Variante des Neokapitalismus ist, wird im Buch durch die Analyse der Beziehung zwischen Kapitalismus und Demokratie untermauert. Mason zeigt, wie die Kapitalisten oft gegen die Schlüsselelemente der Demokratie waren, weil sie glaubten, dass sie den Kapitalismus bedrohten. Dieser Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Faschismus wird durch die Beobachtung verstärkt, dass der Faschismus entstand, als der Liberalismus zum ersten Mal mit seinem wahren Feind konfrontiert wurde, der nicht der Sozialismus, sondern der Faschismus war. Die Rolle des Internets und der sozialen Medien in der Verbreitung des Rechtsextremismus wird ebenfalls hervorgehoben. Mason weist darauf hin, dass die Rechte in der digitalen Ära Vorteile hat, da sie nicht an Wahrheit, Besonnenheit und Rechtsstaatlichkeit gebunden ist. Dies hat zu einem sinkenden Vertrauen in die Demokratie und einer Erosion ihrer Qualität geführt.



Mason zieht auch Parallelen zwischen dem Faschismus und anderen Ideologien und Philosophien. Er kritisiert Friedrich Nietzsche scharf und argumentiert, dass, obwohl Nietzsche heute oft als Rebell und Atheist gefeiert wird, er im Kern ein Rassist und frauenfeindlicher Imperialist war. Nietzsche, so Mason, hat diese Vorurteile in ein kohärentes System des antirationalen Denkens eingebaut. Die moralische Dimension der Abhandlung ist besonders eindrücklich. Mason argumentiert, dass ohne Normen, Moral, Moralphilosophie und Religion der Faschismus schwer zurückzudrängen ist. Er zitiert Hannah Arendt, die den Faschismus als "zeitweiliges Bündnis zwischen Elite und Mob" bezeichnete und betont, dass das Böse – in Anlehnung an Arendts und philosophische Überlegungen aus Judentum und Islam – die Abwesenheit des Guten ist. Über einen Ausflug einer Analyse von Filmen wie "Casablanca", die die moralischen Herausforderungen und Entscheidungen in Zeiten des Faschismus darstellen werden die Ideale des Kampfes gegen den Fetischismus (indem Fall Nazi Deutschland) aufgezeigt in der sich unausgesprochene Fragen an den Zuschauer und Betrachter immer wieder drängt: "Was würdest du tun?" Diese Frage hat heute an Aktualität nicht eingebüßt. Abschließend betont Mason die Notwendigkeit, den Faschismus nicht nur politisch, sondern auch moralisch zu bekämpfen. Der Marxismus hat dies - weil systemisch - sträflich vernachlässigt und deshalb taugt er nur bedingt im Kampf gegen den Faschismus. Er fordert eine neue Form des antifaschistischen und demokratischen Ethos, das auf sozialer Gerechtigkeit basiert und sowohl den Liberalismus als auch die Moralphilosophie einbezieht.

Faschismus – Und wie man ihn stoppt. Paul Mason. Edition Suhrkamp 2022. Besprechung: Aiman A. Mazyek

Erstveröffentlichung in der Islamischen Zeitung vom 27.08.2023)