Fünf Jahre nach der Vertreibung der Rohingya aus Myanmar fordern westliche Staaten eine Bestrafung der Verantwortlichen und ein Ende der Gewalt gegen Minderheiten in dem südostasiatischen Land. In den Flüchtlingslagern in Bangladesch protestierten tausende Rohingya für bessere Lebensverhältnisse und eine würdevolle Rückkehr in ihre Heimat. Auch Helfer zeigten sich angesichts der humanitären Verhältnisse in den Lagern alarmiert. Myanmar müsse den Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag in dem seit 2020 laufenden Völkermordprozess Folge leisten, hieß es einer am Donnerstag in Brüssel veröffentlichten Stellungnahme des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, die auch von den Außenministern Australiens, Großbritanniens, Kanadas, Neuseelands, Norwegens und der USA mitgetragen wird. Bei dem Exodus von mehr als 700.000 Rohingya ins benachbarte Bangladesch handele es sich um "eine der größten Massenfluchten einer Minderheit in der jüngeren Geschichte", so die Regierungen.
Als Auslöser nannten sie den Militärangriff 2017 auf Gemeinden der muslimischen Minderheit in Myanmars Bundesstaat Rakhine, bei dem Tausende getötet, vergewaltigt und gefoltert worden seien. Diejenigen, die laut einer UN-Faktenfindungsmission schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und Übergriffe gegenüber Rohingya begangen hätten, seien zugleich die Köpfe des Militärputschs vom Februar 2021 und verübten weiterhin Gräueltaten an Dissidenten und vulnerablen Gruppen, darunter ethnischen und religiösen Minderheiten. Man rufe das Militärregime auf, die Gewalt und Menschenrechtsverletzungen zu beenden, so die Erklärung. Ähnlich äußerte sich auch Amnesty International. In 20 der mehr als 30 Flüchtlingslager im Distrikt Cox's Bazar in Bangladesch bildeten Rohingya am Donnerstag Menschenketten, um gegen ihre Lage zu demonstrieren, wie das Nachrichtenportal Dhaka Tribune berichtete. In einem Video, das vom Menschenrechtsminister der myanmarischen Untergrundregierung auf Facebook verbreitet wurde, sagt der junge Rohingya Enam Udin, seit fünf Jahren hofften die Rohingya vergeblich auf Hilfe und Gerechtigkeit. "Das liegt an der Bequemlichkeit und an dem Desinteresse der Weltgemeinschaft." Wegen der Tatenlosigkeit der internationalen Regierungen gehe der "Völkermord" in Myanmar weiter.
Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte: "Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien." Zugleich unterstütze die Bundesregierung die internationalen Bemühungen zur Aufklärung dieser Verbrechen, so ein Sprecher.
Das Urteil des Internationalen Gerichtshofes von Ende Juli zur Zulässigkeit der Klage Gambias im Völkermord-Verfahren gegen Myanmar sei dafür ein wichtiger Schritt. Unterdessen verwies Ärzte ohne Grenzen auf die schlechten hygienische Bedingungen in den Lagern. Die Zustände im Distrikt Cox's Bazar seien alarmierend, teilte die Hilfsorganisation in Berlin mit. 88 Prozent der Menschen hätten einer Befragung zufolge keinen ausreichenden Zugang zu Wasser und geeigneten sanitären Einrichtungen. Rund drei Viertel der Befragten gaben an, überlaufende Toiletten benutzen zu müssen.
Am 25. August 2017 begann die Armee von Myanmar zusammen mit buddhistischen Extremisten mit der gewaltsamen Vertreibung von rund 700.000 muslimischen Rohingya aus dem Bundesstaat Rakhine. Zusammen mit den bereits über Jahrzehnte zuvor vertriebenen Rohingya leben in Cox's Bazar gut eine Million Flüchtlinge. Sie verteilen sich auf 31 Siedlungen, die zusammen als das größte Flüchtlingslager der Welt bezeichnet werden.