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Mittwoch, 29.06.2022


Gleiches Asylrecht für alle

Weltflüchtlingstag: Bessere Verfahren in Deutschland angemahnt

Staatsministerin Reem Alabali-Radovan forderte eine Reform des europäischen Asylsystems und schnellere Entscheidungen in Deutschland. Viele Asylverfahren seien bislang "weder fair noch zügig" gewesen.

Berlin/Bonn (KNA) Anlässlich des Weltflüchtlingstags haben Vertreter von Politik, Kirchen und Organisationen auf die prekäre Lage von Geflüchteten aufmerksam gemacht. Laut den jüngsten Zahlen des UNHCR sind weltweit aktuell mehr als 100 Millionen Menschen auf der Flucht und damit soviel wie nie zuvor. Vor allem der russische Angriffskrieg in der Ukraine gilt derzeit als Hauptursache für den Anstieg der Flüchtlingszahlen.

Allein in Deutschland haben im Jahr 2021 - also vor Beginn des Krieges in der Ukraine - bereits mindestens 3,3 Millionen Geflüchtete und Vertriebene gelebt. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte, sind seit 1950 insgesamt 2,3 Millionen Menschen aufgrund von Flucht und Vertreibung zugewandert.

Der Krieg in der Ukraine habe die größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst, betonte die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), bei einem Symposium der Evangelischen Akademie Berlin zum Flüchtlingsschutz. Insgesamt acht Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer seien auf der Flucht, sechs Millionen Menschen hätten die Ukraine verlassen, in Deutschland lebten aktuell über 600.000 Geflüchtete aus dem Land.

Die Staatsministerin forderte eine Reform des europäischen Asylsystems und mahnte auch in Deutschland schnellere Entscheidungen an. Viele Asylverfahren seien bislang "weder fair noch zügig" gewesen, kritisierte Alabali-Radovan.

Sie kündigte zudem ein Ende der Kettenduldung an. Betroffen seien davon rund 100.000 Menschen, die seit vielen Jahren in Deutschland lebten und integriert seien. Diese Integrationserfolge müssten rechtlich anerkannt und den Betroffenen ein gesicherter Aufenthalt gegeben werden, sagte die Staatsministerin. Sie verwies darauf, dass auch die Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen lange für diese Ziel gekämpft hätten.

Das alleingelassene Afghanistan

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), wies mit Blick auf die Machtergreifung der radikalislamischen Taliban auf die Verantwortung Deutschlands für Menschen in Afghanistan hin. Das Aufnahmeprogramm für afghanische Geflüchtete müsse verstetigt werden, forderte Amtsberg. Die Definition der deutschen Ortskräfte sollte auch Subunternehmen miteinbeziehen. Und beim Thema Familiennachzug dürfe der Begriff Kernfamilie sich nicht an deutschen, sondern müsse sich an afghanischen Lebensrealitäten orientieren und mehr Menschen den Familiennachzug ermöglichen, so Amtsberg.

Die katholischen Bischöfe Deutschlands machten unterdessen auf die harten Folgen von Flucht und Vertreibung für alle Betroffenen aufmerksam. Flucht und Vertreibung bedeuteten immer Entwurzelung; traumatische Erfahrungen wirkten bis in nachfolgende Generationen nach, erklärte der Beauftragte der Bischofskonferenz für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge, Weihbischof Reinhard Hauke.

Er erinnerte zudem an die Millionen Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat verlassen mussten. Zugleich zeige heutzutage das Schicksal ukrainischer Flüchtlinge, dass auch heute Menschen alles aufgeben müssten, um zu überleben. "Unsere Aufgabe als Kirche und Staat muss es sein, solches Unrecht zu verhindern", so der Erfurter Weihbischof.