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Donnerstag, 12.05.2022


Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)

Nur 20 Prozent werden zur Anzeige gebracht

Höchststand an Delikten bei politisch motivierter Gewalt - Ein Anstieg um über 23 Prozent. Diese stellen jedoch nur einen Bruchteil der Realität dar.

Berlin (KNA) Die politisch motivierte Kriminalität hat im vergangenen Jahr einen Höchststand an Delikten seit Einführung der Statistik im Jahr 2001 erreicht. Nach den am Dienstag in Berlin vorgestellten Fallzahlen verzeichnete das Bundeskriminalamt einen Anstieg um über 23 Prozent auf 55.048 Delikte. Auch die Zahl der politisch motivierten Gewalttaten stieg um 16 Prozent auf 3.889 Delikte. Darunter fallen u.a. rassistische, muslimfeindliche, antisemitische und homophobe Angriffe.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) führte den Höchststand vor allem auf Delikte zurück, die weder im klassischen Sinne dem Rechts- noch dem Linksextremismus zuzuordnen seien. Mit 21.339 Fällen machten sie fast 40 Prozent der Fälle aus. Die Tathintergründe seien "diffuser und vielfältiger" geworden. Ein großer Teil fand demnach im Zusammenhang von Covid-Protesten und mit Wahlen, besonders der Bundestagswahl statt. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, konstatierte "Polarisierungs- und Radikalisierungstendenzen in Teilen der Bevölkerung", die "den Rechtsstaat und die wehrhafte Demokratie erheblich herausfordern".

Faeser sah in den Zahlen "ein Gradmesser für die Intensität von gesellschaftlichen Konflikten". In diesem Zusammenhang betonte sie, dass die "größte extremistische Bedrohung" aber weiter der Rechtsextremismus darstelle. Nach einem Höchststand im Jahr 2020 sanken die Zahlen zwar leicht, stellen aber mit 21.964 Delikten weiter den größten Anteil.



Auch 84 Prozent antisemitischer Straftaten gingen auf das Konto der Rechtsextremisten. Die "massiv steigende Zahl" antisemitischer Straftaten um 29 Prozent auf den Höchststand von 3.027 Straftaten bereiteten der Ministerin „Größte Sorgen“.  Faeser sprach von einer "Schande für unser Land". Rund 61 Prozent der antisemitischen Delikte waren Volksverhetzungen mit einem Zuwachs von 40 Prozent. Rund die Hälfte wurde im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie begangen. Auffällig sei auch der islamistisch geprägte Antisemitismus, der Hass gegen Juden und gegen den Staat Israel offen propagiere, so Münch.

Im Phänomenbereich linke Kriminalität sank die Zahl der Delikte leicht auf etwa 10.100 Straftaten, bei einem Rückgang der Gewalttaten um etwa 21 Prozent auf rund 1.200 Delikte. Münch führte dies auch auf einen coronabedingten Verzicht auf Großveranstaltungen zurück. Es sei aber weiter von einer hohen Gewaltbereitschaft auszugehen.

Delikte aufgrund einer "ausländischen Ideologie" stiegen 14 Prozent auf 1.153 Straftaten davon 140 Gewalttaten - vor allem im Zusammenhang mit dem Israel-Palästina-Konflikt und dem Kurden-Konflikt. Im Bereich "religiösen Ideologie" blieben die Delikte mit 479 Fällen etwa auf Vorjahresniveau. Einen Anstieg um 66 Prozent verzeichnete das Bundeskriminalamt im Bereich "Geschlecht/sexuelle Identität" mit 340 Delikten. Die Zahl homophober Übergriffe verdoppelte sich auf 870 Fälle.

Vor dem Hintergrund dieses alarmierenden Zuwachses an politisch motivierter Kriminalität ist jedoch zu betonen, dass diese Zahlen nur einen Bruchteil der Realität widerspiegeln. Nur 20 Prozent der Fälle werden zur Anzeige gebracht, was heißt, dass die Dunkelziffer der tatsächlichen Delikte weitaus höher ausfallen dürfte.