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Freitag, 06.05.2022


20 Jahre Krieg hinterlassen eine ausgelieferte afghanische Bevölkerung - eine kritische Auseinandersetzung westlicher Politik fehlt bisweilen

Nach US-Krieg "Humanitäre Lage in Afghanistan ist dramatisch"

In Afghanistan sind über 24 Millionen Menschen und damit 60 Prozent der Bevölkerung von Hunger bedroht und auf humanitäre Hilfe angewiesen

Berlin (KNA/Eigene) Der US-Krieg in Afghanistan und die abrupte Beendigung des insgesamt 20 Jahre andauernden Nato-Einsatzes führten zu verheerenden Folgen für die afghanische Bevölkerung. Das sogenannte „Nationbuilding Afghanistan“ ist gescheitert und hinterlässt ein gefährliches Machtvakuum. Zusätzlich treibt die Machtübernahme der Taliban das Land in eine ungewisse Zukunft. Bisweilen ist in der westlichen Politik nirgendwo die Bereitschaft zu erkennen, sich mit den Folgen des Krieges selbstkritisch auseinanderzusetzen. Die politischen sowie gesellschaftlichen Auswirkungen, mit denen sich nun die schutzlos ausgelieferten Afghanen konfrontiert sehen, stellen regelrecht das Armutszeugnis des verlorenen Krieges dar. 

Weitere Gründe für die humanitäre Katastrophe in Afghanistan seien eine starke Dürre verbunden mit den Folgen der Corona-Pandemie, sagte laut einer Bundestagsmitteilung vom Donnerstag ein Vertreter des Auswärtigen Amtes im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Zudem beobachtet die Bundesregierung das Erstarken dschihadistischer und terroristischer Gruppierungen. Die Not und Perspektivlosigkeit der Menschen erleichtere es ihnen, neue Anhänger zu rekrutieren, sagte der Regierungsvertreter demnach im Gespräch mit den Abgeordneten. Die Zahl der Anschläge steige. Erst in der vergangenen Woche verübten Terroristen eine blutige Attacke auf eine Jungenschule in Kabul. Oft reklamiere die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) solche Taten für sich, häufig richteten sich die Anschläge gegen Angehörige der schiitischen Minderheit der Hasara.

Mit dem Einfrieren aller Auslandsguthaben der afghanischen Zentralbank und des Ausschlusses aus dem SWIFT-Bankenzahlungssystem durch die US-Regierung war es der Taliban-Regierung nicht mehr möglich, Gehälter auszuzahlen und Lebensmittel oder Medikamente zu importieren. Diese Entscheidung führte maßgeblich zu der enormen Hungersnot, die Hunderttausende Afghanen in die Flucht nach Pakistan und in den Iran treibt. Nach iranischen Angaben seien seit August 2021 mehr als 800.000 Menschen nach Iran geflohen, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) gehe von 300.000 Flüchtlingen aus, erklärte der Regierungsvertreter.

Die Bundesregierung arbeitet den Angaben zufolge weiter daran, Schutzbedürftige außer Landes zu bringen. Demnach seien bislang 19.000 frühere afghanische Ortskräfte, die unter anderem für die Bundeswehr und andere deutsche Institutionen gearbeitet hatten, nach Deutschland geholt worden. Insgesamt seien etwa 30.000 Afghanen als Ortskräfte für Deutschland im Einsatz gewesen, wonach weiterhin etliche ihrem Schicksal überlassen wurden.