In Halle/Saale ereignete sich der schreckliche Angriff mit 2 Toten auf eine Synagoge. Auf Gläubige einer Moschee des Zentralrats der Muslime in Halle/Saale wurde mit einem Luftgewehr geschossen. Dies war der dritte Anschlag dieser Art auf das Islamische Kulturzentrum innerhalb weniger Jahre.
Am 4. Februar besuchten die Bundestagsvizepräsidentinnen Aydan Özoğuz (SPD) und Petra Pau (LINKE) sowie die Staatsministerin für Integration Reem Alabali-Radovan (SPD), Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) und Halles Bürgermeister Egbert Geier (SPD) auf Einladung des ZMD das Islamische Kulturcenter in Halle (Saale). Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Dr. Gunnar Schellenberger (CDU) und die Bundestagsabgeordneten Dr. Karamba Diaby (SPD) sowie Ingo Bodtke (FDP) folgten ebenfalls der Einladung des ZMD. Empfangen wurden sie vom ZMD-Vorsitzenden Aiman Mazyek und dem Vorstand der Gemeinde sowie ZMD-Landesvorsitzenden Djamal Amelal.
Islam.de sprach mit dem Parlamentarier Ingo Bodtke im Deutschen Bundestag.
Islam.de: Wenn Sie als Anhänger einer christlichen Gemeinde und zugleich als Volksvertreter davon erfahren, was sagen Sie dazu?
Ingo Bodtke: „Religionsfreiheit ist ein besonderes Gut in unserer Gesellschaft. Die wiederholten Schüsse auf die Moschee in Halle (Saale) in den vergangenen Monaten verurteile ich aufs Schärfste. Hass, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Ich lehne jede Form von Gewalt ab und werbe für eine offene Gesellschaft, die Andersdenkende schützt und die Religionsfreiheit verteidigt. Als jemand, der selbst seit acht Jahren Reisen nach Israel organisiert und bereits mehrere Male vor Ort war, weiß ich, wie wichtig es ist, andere Weltanschauungen zu tolerieren.
Mein Besuch im Islamischen Kulturcenter (IKC) hat mich sehr betroffen gemacht. Das IKC ist nicht nur ein Gebetsraum, sondern darüber hinaus auch ein wichtiges Kulturzentrum und Stadtteiltreff, in dem am Wochenende auch bis zu 250 Kinder aus verschiedenen muslimischen Nationen zusammenkommen und hier Arabisch und Religion lernen. Gerade für sie muss das Beten in Halle (Saale) und anderen Städten zukünftig sicherer werden. Dafür benötigen wir nicht nur die Unterstützung vom Staat, sondern auch die Hilfe unserer Gesellschaft!“
Islam.de: Was tun Sie, Ihre Partei und Ihre Fraktion, ganz konkret gegen Antisemitismus, antimuslimischen Rassismus, Antiziganismus, Rassismus?
Ingo Bodtke: „Im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel-Koalition konkret darauf verständigt, sich für mehr Prävention, sensibilisierende Aus- und Fortbildungen sowie eine entschlossenere Verfolgung und Dokumentation antisemitischer und antimuslimischer Vorfälle einzusetzen. Das Amt des Antisemitismus-Beauftragten wollen wir strukturell stärken und den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus aufwerten. Dieses Jahr habe ich erstmals persönlich als Bundestagsabgeordneter an der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag teilgenommen, die mich sehr berührt hat. Ich halte Initiativen für sehr wichtig, die beispielsweise jüdisches oder muslimisches Leben, in seiner Vielfalt fördern und jegliche Formen des Antisemitismus, Antiziganismus, antimuslimischen Rassismus bekämpfen.
Islam.de: Plädieren Sie dafür, dass Amtsträger und Abgeordnete aus dem demokratischen Spektrum oft an Gottesdiensten teilnehmen, unabhängig davon, ob man dieser Religionsgemeinschaft angehört? Solche Besuche setzen ja auch garantiert Zeichen und transportieren bestimmt eine Botschaft.
Ingo Bodtke: „Die Entscheidung, am Gottesdienst teilzunehmen, muss natürlich jeder für sich selbst beantworten. Das gilt für jeden Bürger und selbstverständlich auch für jeden Abgeordneten. Das kann man niemanden vorschreiben. Für mich als Christ fällt die Antwort naturgemäß positiv aus: Der Gottesdienst ist für mich die Begegnung mit Gott. Selbstverständlich werde ich immer gerne Einladungen anderer Religionsgemeinschaften annehmen und wenn es terminlich möglich ist, diese Gemeinden in meiner Eigenschaft als Volksvertreter besuchen“.
Islam.de: Wir danken für das Gespräch. (Volker-Taher Neef, Berlin)
Ingo Bodtke kommt aus Sachsen-Anhalt und ist Ingenieur der Fleischwirtschaft von Beruf. Er engagiert sich ehrenamtlich als Dirigent und Organist eines neuapostolischen Kirchenchores.