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Donnerstag, 01.07.2021

Hasserfüllte Taten gegen Muslime nehmen ständig zu - Claim. Allianz gegen antimuslimischen Rassismus und Islamfeindlichkeit trägt vor

Im Rahmen der Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus fand am 23. Juni 2021 eine Online-Pressekonferenz statt. Eingeladen dazu hatte CLAIM. Aktuell 47 muslimische und nichtmuslimische Akteure der Zivilgesellschaft vereint und vernetzt CLAIM und bildet eine breite gesellschaftliche Allianz gegen antimuslimischen Rassismus und Islamfeindlichkeit. CLAIM wird getragen von Teilseiend e. V. und gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“



Eine Tatsache ist nicht wegzuleugnen: Es bestehen nicht nur zahlreiche Vorurteile, wenn Muslime sich auf Job- und Wohnungssuche begeben. Muslime sind auch Beleidigungen auf der Straße ausgesetzt, Moscheen werden angegriffen und beschmiert, Drohbriefe werden versendet. Oft machen sich die Absender nicht einmal mehr die Mühe, ihren Namen und ihre Anschrift zu verbergen! Selbst bei den übelsten Beleidigungen und Drohungen berufen sich diese Zeitgenossen oft noch auf ihre Meinungsfreiheit. Gerichte gehen nicht immer mit der ganzen Härte der gesetzlichen Möglichkeiten gegen die Urheber vor. Mal geschieht es aus Desinteresse, mal aus Personalmangel. Natürlich spielt auch der Umstand eine große Rolle: Wie grenzt man eigentlich die freie Meinungsäußerung konkret von der Volksverhetzung ab? Da können zwei Juristen auch schon einmal zu zwei unterschiedlichen Auffassungen gelangen. Wegzuleugnen ist auch nicht, die Zahl der Gewaltdelikte gegen Muslime nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Muslime und Menschen, die dafürgehalten werden, sind oft Hass, Diskriminierungen und Übergriffen ausgesetzt. Das Bundesinnenministerium hat 2020 bundesweit 1.026 islamfeindliche Straftaten offiziell erfasst. Die Dunkelziffer ist mit Sicherheit weitaus höher geschätzt. Das liegt u. a. daran, dass viele Vorfälle von den Behörden nicht als „islamfeindlich“ eingestuft oder von Betroffenen gar nicht erst zur Anzeige gebracht werden. Daher können Betroffene und Zeugen jetzt auch bundesweit online antimuslimische Fälle melden.



Das bundesweite Meldeportal www.i-report.eu/melden startet zur Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus.    



Rima Hanano ist Projektleiterin von CLAIM. Sie erklärte „Wir haben es bei antimuslimischem Rassismus keineswegs mit einem Randphänomen zu tun. Ausgrenzungen, menschenfeindliche Bedrohungen oder Beleidigungen sind für viele Menschen eine alltägliche Erfahrung. All das geschieht relativ unbeachtet von der Öffentlichkeit. Der Anstieg antimuslimischer Übergriffe im Jahr 2020 ist vor allem vor dem Hintergrund besorgniserregend, dass diese offizielle Statistik nur einen Teil des antimuslimischen Rassismus abbildet. Um Ursachen zu bekämpfen und Betroffene schützen zu können, benötigen wir Klarheit über das tatsächliche Ausmaß. Hier setzen wir an“.



Eva Andrades ist Geschäftsführerin des Antidiskriminierungsverbandes Deutschland (advd). Sie betonte: „Die Beratungsstellen erreichen zunehmend Beschwerden, die auf antimuslimischen Rassismus zurückzuführen sind. Insgesamt sind das Bewusstsein und Wissen über unterschiedliche rassistische Dimensionen und ihre Spezifika in den letzten Jahren gewachsen. Gleichzeitig ist es wichtig, antimuslimischen Rassismus zu dokumentieren und damit sichtbar zu machen, um umfassende Antidiskriminierungsarbeit leisten zu können.“ Um fast 20 Prozent haben letztes Jahr die Straftaten im Themenfeld Hasskriminalität zugenommen. Beleidigungen, Bedrohungen, Beschimpfungen, Frauen, denen das Kopftuch vom Kopf gerissen wird, die auf offener Straße geschubst werden, abgelegte Schweinepfoten oder Schweineköpfe vor und sogar in Moscheen, gehören zum alltäglichen Leben der Muslime. Jeden Tag finden, rein rechnerisch betrachtet, laut offiziellen Angaben mindestens drei Übergriffe auf Muslime oder eine Moschee statt. Der antimuslimische Rassismus ist für viele Menschen eine alltägliche Erfahrung. Er gipfelt nicht nur in extremen Gewaltexzessen wie in Hanau, Halle, Christchurch oder wie in dem erst kürzlich verübten tödlichen Hassverbrechen in der kanadischen Stadt London, bei der fast eine gesamte Familie ausgelöscht wurde. Man findet europaweit Parteien vor, die Islam- und Muslimfeindlichkeit zu einem Teil ihres Parteiprogramms gemacht haben.



Menschenverachtende Ideologien gewinnen immer mehr an Einfluss. Christine Buchholz ist religionspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag. In einer am 30. Juni veröffentlichten Pressemeldung forderte die Abgeordnete: „Keine Stigmatisierung von Musliminnen und Muslimen“. Sie teilte u. a. mit: „Die Politik muss aktiv gegen jeden Rassismus vorgehen und darf keine Gesetze verabschieden, welche die Stigmatisierung von Musliminnen und Muslimen befördern“. Ferner erklärte sie: „Der gesetzliche Diskriminierungsschutz in Deutschland ist dringend zu verbessern und auch auf staatliche Organe auszuweiten. Denn antimuslimische Diskriminierungen durch Polizei, Jobcenter, Arbeitsagenturen oder die Justiz sind nicht hinnehmbar. Eine Ächtung von antimuslimischem Rassismus durch den Bundestag ist überfällig. Der Bundestag muss dem Generalverdacht gegenüber Musliminnen und Muslimen entgegentreten und antimuslimischen Rassismus entschlossen bekämpfen. Das bedeutet auch, dass er keine rassistischen Gesetze verabschieden darf. Am 22. April 2021 beschloss der Deutsche Bundestag mit dem Gesetz zum Erscheinungsbild für Beamtinnen und Beamten ein Kopftuchverbot durch die Hintertür. DIE LINKE hat als einzige Partei dieses faktische Kopftuchverbot abgelehnt. Die Gleichberechtigung muslimischer mit christlichen und anderen Religionsgemeinschaften ist überfällig“. Man sollte sich einmal in Deutschland wieder vergegenwärtigen, was Friedrich der Große (1712 bis 1786), auch bekannt als „Alter Fritz“, einst seinen Untertanen verkündet hatte: „Alle Religionen sind gleich und gut, wenn nur die Leute, die sie ausüben, ehrliche Leute sind; und wenn Türken und Heiden kämen und wollten das Land bevölkern, so wollen wir Moscheen und Kirchen bauen." (Volker-Taher Neef, Berlin)