Rangun - Am fünften Tag nacheinander haben in Myanmar auch am Mittwoch wieder Hunderttausende Menschen, darunter viele Katholiken und buddhistische Mönche, mit Streiks, zivilem Ungehorsam und fantasievollen Aktionen gegen die Militärjunta protestiert. So demonstrierten junge Menschen in Plastikplanschbecken auf dem Rasen am Ufer des Inya-Sees in Rangun. "Unser Protest wird eine lange Reise sein. Deshalb müssen wir einen entspannten Weg finden, sie auszuhalten. Bis das Militär die Macht an die Regierung, die wir gewählt haben, zurückgibt, werden wir jeden Tag auf der Straße sein", sagte der 21 Jahre alte Ko Myo Thu Ko, einer der Demonstranten im Planschbecken, dem myanmarischen Nachrichtenportal Frontier Myanmar (FM).
Für große mediale Aufmerksamkeit sorgten auch mehr als einhundert Studentinnen, die sich als "Disney-Prinzessinnen" in Ballkleidern den Protestkundgebungen in Rangun angeschlossen hatten. "Wir wollen zeigen, dass auch junge Frauen gegen den Militärputsch sind. Wir dachten, diese Kostüme sind am besten geeignet, um darauf aufmerksam zu machen", sagte eine der Frauen gegenüber FM. Die Demonstranten fordern die Anerkennung der demokratischen Wahlen vom November und die Freilassung der inhaftierten Staatsrätin Aung San Suu Kyi.
Wie das Nachrichtenportal weiter berichtete, nahmen auch die buddhistischen Mönche des Klosters Shwe Nya Wah in Rangun an den Protesten teil. Das Kloster und sein Abt U Pinnyasiha sind seit langem bekannt für ihre Kritik am Militär sowie ihre Opposition gegen die ultranationalistische und islamfeindliche Mönchsbewegung Ma Ba Tha. Abt U Pinnyasiha war gleich am ersten Tag des Putsches verhaftet worden.
Im ganzen Land waren auch wieder Katholiken unter den Demonstranten. Mitarbeiter des MIRS-Myanmar Institute of Religious Studies, Verbände katholischer Jugendlicher sowie Priester, Ordensleute und Laien des Bistums Kalay hätten gegen den Putsch demonstriert, twitterte am Mittwoch der Erzbischof von Rangun, Kardinal Charles Bo.
Der Kardinal, der auch Vorsitzender der Bischofskonferenz ist, hatte nach dem Putsch mehrfach zum friedlichen Widerstand gegen das Militärregime aufgerufen. Am Dienstag dieser Woche hatte die katholische Bischofskonferenz zusammen mit dem Dachverband der protestantischen Kirchen Myanmar Council of Churches in einer gemeinsamen Erklärung von der Junta die sofortige Freilassung von Aung San Suu Kyi und den anderen festgenommenen Politikern gefordert.
Auch immer mehr Mitarbeiter von Ministerien und Behörden schließen sich den Protesten gegen das Militär und dem zivilen Ungehorsam an. Ein westlicher Diplomat in Rangun, der nicht namentlich genannt werden will, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Auch die Mitarbeiter der unteren Ebenen des Außenministeriums haben sich jetzt dem Protest angeschlossen."
Unterdessen besetzten Sicherheitskräfte die Parteizentrale der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) in Rangun und beschlagnahmten Dokumente und Computerfestplatten. Während in Rangun die Proteste ansonsten gewaltfrei blieben, ging die Polizei laut FM in Mandalay und der Hauptstadt Naypyitaw mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor.
Wenige Stunden vor der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments hatte die Armee am 1. Februar die Macht an sich gerissen und einen zwölfmonatigen Notstand ausgerufen. Das Militär begründete den Staatsstreich mit unbewiesenen Vorwürfen der Manipulation der Parlamentswahl vom 8. November 2020. Der von der Junta zum Übergangspräsidenten ernannte Myint Swe ist ein Hardliner, der 2007 als Militärkommandant von Rangun für die blutige Niederschlagung des "Safran-Revolution" genannten Aufstands der buddhistischen Mönche gegen das damalige Militärregime verantwortlich war.