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Freitag, 23.10.2020


Gemeinsames Gedenken von Vertretern von muslimischer und jüdischer Gemeinden kurz nach dem Anschlag in Halle (u.a. ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek)

Experte: Antisemitismus und Hass auf Muslime hängen oft zusammen

Verschwörungsmythen wie "schleichender Völkermord" schlössen die "Verteufelung von Juden" ebenso ein wie die "Entmenschlichung von Muslimen".

München Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit gehen nach Einschätzung des Buchautors Ronen Steinke häufig miteinander einher. Verschwörungsmythen wie jener von einem "schleichenden Völkermord" schlössen die "Verteufelung von Juden" ebenso ein wie die "Entmenschlichung von Muslimen", schreibt Steinke in der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). Auf derartige Erzählungen habe sich auch der Attentäter von Halle berufen.



Am 9. Oktober 2019 hatte ein schwer bewaffneter Attentäter versucht, in der Synagoge von Halle ein Massaker anzurichten. Als er nicht eindringen konnte, erschoss er eine Passantin und den Gast eines Döner-Imbisses und verletzte auf der Flucht ein Ehepaar schwer.

So gehe es etwa um "die Erzählung, dass die Einwanderung vieler Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten insgeheim von ein paar mächtigen Drahtziehern befördert werde. Soros, Rothschild, und so weiter", erklärt Steinke, der im Sommer das Buch "Terror gegen Juden" vorgelegt hat. Familien wie die Rothschilds oder der Unternehmer George Soros fungierten in diesem Zusammenhang als Chiffren. "Die modernen Rechtspopulisten arbeiten eher mit Andeutungen", so der Experte.



Antisemitismus werde von niemandem so stark "bewirtschaftet" wie von der AfD

Zugleich stellten AfD-Politiker sich bisweilen als "Freunde der Juden" dar, schreibt Steinke weiter. Dies sei jedoch, ebenso wie das "Grüppchen 'Juden in der AfD", eine "bloße Show": Das so gewonnene Kapital werde eingesetzt, "um umso hemmungsloser gegen andere marginalisierte Gruppen der Gesellschaft agitieren zu können, denen man eine illegitime, heimliche Macht über die Mehrheit unterstellt." Der Antisemitismus werde von niemandem so stark "bewirtschaftet" wie von der AfD. "Ihr politisches Erstarken in den vergangenen Jahren hat das Leben für Jüdinnen und Juden beschwerlicher und, ja: auch physisch gefährlicher gemacht."

Zudem werde Verschwörungsglauben nicht schwächer, weil Populisten sich "gesellschaftlich anschlussfähig" ausdrückten, mahnt Steinke: "Eher wird er dadurch sogar stärker."