Oberrabiner Pinchas Goldschmidt und Generalsekretär der Islamischen Weltliga, Scheich Mohammed Bin Abdul Karim Al-Issa auf der vom ZMD und CER organisierten Dialogveranstaltung "Sprechen wir miteinander anstatt übereinander" am Anfang des Jahres
Oberrabiner Goldschmidt und Scheich Al Issa kritisieren vor EuGH-Verhandlung den Umgang zum religiösen Schächten
In einer gemeinsamen Erklärung heißt es: "Wir können nicht erwarten, dass Religionsgemeinschaften in Europa bleiben und einen Beitrag für die hiesigen Gesellschaften leisten, wenn der bloße Akt ihres Nahrungsmittelkonsums als ein Verbrechen betrachtet wird."
Vertreter von Judentum und Islam haben zum Überdenken des Schächtverbots aufgefordert. "Wir können nicht erwarten, dass Religionsgemeinschaften in Europa bleiben und einen Beitrag für die hiesigen Gesellschaften leisten, wenn der bloße Akt ihres Nahrungsmittelkonsums als ein Verbrechen betrachtet wird", erklärten am Dienstag der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) und Oberrabbiner von Moskau, Pinchas Goldschmidt, sowie der Generalsekretär der Islamischen Weltliga, Scheich Mohammed Bin Abdul Karim Al-Issa.
Letzten Mittwoch fand beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg eine mündliche Verhandlung zum Verbot der betäubungslosen Schlachtung in der Flämischen Region Belgiens statt. Es wurde im Juli 2017 eingeführt und gilt auch für Schlachtungen im Rahmen eines religiösen Ritus. Mehrere belgische Organisationen von Juden und Muslimen erhoben Klage beim belgischen Verfassungsgericht. Das wiederum fragte beim EuGH an, ob das Verbot mit EU-Recht und der EU-Grundrechtecharta vereinbar sei.
Abschlussbild der Dialogveranstaltung im Januar diesen Jahres, mit u.a. Bischof Markus Dröge, Beauftragter für Religionsfreiheit Markus Grübel, Antisemitismusbeauftragter Felix Klein und weiteren Vertretern von Religion und Staat
Die wichtige Rolle des halalen und koscheren Essens im Leben von Muslimen und Juden
"Das Essen spielt eine wichtige Rolle in unserem religiösen Leben, und die Art und Weise, wie wir Essen zubereiten, stellt einen zentralen Grundsatz unseres Glaubens dar", so Goldschmidt und Al-Issa. Im Lauf der Geschichte seien Verbote religiösen Schlachtens von Tieren für Lebensmittel immer wieder benutzt worden, um Migration von Menschen aus bestimmten religiösen Gruppen einzuschränken.
Diese gemeinsame Erklärung vom Scheich und Generalsekretär der Muslim World League Dr. Muhammad bin Abdul Karim Al-Issa und Oberrabiner Pinchas Goldschmidt anlässlich des bevorstehenden EuGH-Urteils zum halalen wie auch koscheren Schächten, zeigt wie zwei hohe religiöse Geistliche des Judentums und Islam Hand in Hand eine Negativentwicklung in Europa anmahnen. Koscher und Halal gehören zum jüdischen und muslimischen Leben in Europa dazu.
"Die tatsächliche Neutralität des Staates zeigt sich im Umgang mit religiösen Minderheiten und der Gewährung des Menschenrechts der Religionsfreiheit." kritisiert Aiman Mazyek, Vorsitzender des ZMD.
In der mündlichen Verhandlung beim EuGH letzen Mittwoch konnten die Konfliktparteien ihre Argumentationen vortragen. Einige Monate später folgen dann die Schlussanträge und wiederum einige Monate später das Urteil.
Ein erstes derartiges Verbot religiöser Schlachtmethoden, so die Religionsvertreter, sei in der Schweiz als Reaktion auf die Flucht der Juden vor den Pogromen in Russland im 19. Jahrhundert ergangen. Ähnliche Verbote habe es im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs gegeben, wodurch jüdische Gemeinden in ganz Europa an den Rand gedrängt worden seien.
Erster gemeinsamer Austausch auf der vom vom ZMD und CER gemeinsam organisierten Dialogkonferenz "Miteinander statt übereinander"
Erstmals kamen die beiden hohen Geistlichen Goldschmidt und Al-Issa am 30. Januar 2020 in Berlin zusammen auf der vom ZMD und CER gemeinsam ausgerichteten Dialog-Konferenz, an der unter anderem auch der Antisemitismusbeauftragte Dr. Felix Klein und der Beauftragte der Bundesregierung für Religionsfreiheit Markus Grübel teilnahm (siehe Bild).