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Montag, 16.03.2020


Ein Jahr nach Christchurch : Neuseeland gedenkt der Opfer

Bei einem antimuslimischen Terroranschlag ermordete ein Rechtsextremist in Christchurch 51 Gläubige in zwei Moscheen  - ZMD Generalsekretär Abdasssamad El Yazidi vor Ort auf der Gedenkveranstaltung und im DW-Interview

Zwölf Monate ist es her, dass Neuseeland vom schlimmsten Verbrechen seiner jüngeren Geschichte erschüttert wurde. Beim Anschlag eines islamfeindlichen Terroristen auf zwei Moscheen starben 51 Muslime. Bald beginnt der Prozess.
Ein Jahr nach den Terroranschlägen haben Muslime in ihrem Freitagsgebet den getöteten Opfern gedacht. Es war der Auftakt für ein Wochenende der Erinnerung in Neuseeland.

Vor der Al-Nur-Moschee legten Menschen Blumen nieder, die Besucher umarmten sich.  Auch die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern nahm am Freitagsgebet teil. "Ein Jahr danach glaube ich, dass sich Neuseeland und seine Bewohner auf fundamentale Weise verändert haben", sagte sie.


Generalsekretär El Yazidi (Mitte), Imam Gamal aus Nour Moschee (rechts)


Auch der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Abdassamad El Yazidi. Der 44-Jährige, der in den Tagen zuvor Familien von Opfern besucht hatte, äußerte sich vor seiner Rückreise im Interview der Deutschen Welle:
Deutsche Welle: Herr Yazidi, ein Jahr nach den Massakern in zwei Moscheen haben Sie am Gedenken in Christchurch teilgenommen. Wie würden Sie die kleiner als geplant gehaltene Feier beschreiben?

Abdassamad El Yazidi: Von der Feier ging eine klare Botschaft des Zusammenhalts und der Solidarität mit den Angehörigen des schrecklichen terroristischen Anschlages auf 51 friedlich betende neuseeländische Bürger aus. Die neuseeländische Regierung, angeführt von Premierministerin Ardern, und das neuseeländische Volk haben in beeindruckender Weise gezeigt, wie man mit solchen menschenverachtenden Terroristen umgeht - nämlich indem man die Tat als Angriff auf alle Neuseeländer einstuft, indem man die Opfer und deren Angehörige in den Mittelpunkt stellt und sie nicht als Fremde betitelt. "They are Us",  hieß es. Und man verwehrte dem Täter jegliche weitere Form der Selbstinszenierung.

Neuseeland galt bis zu den Morden als Land ohne Terror und blutigen Hass. Wie empfinden Sie nun die Stimmung unter den Muslimen des Landes?

Nach diesem schrecklichen Massaker in Christchurch und der darauf in den unterschiedlichsten Formen gezeigten Solidarität  und Anteilnahme aller Neuseeländer fühlen sich die Muslime mehr denn je ihrem Land zugehörig und verpflichtet.  Der Terrorist von Christchurch zielte mit seiner Tat auch darauf ab, neuseeländische Muslime zu isolieren und als Fremde zu markieren. Er hat seine Mission dank der menschlichen Reaktionen aller Neuseeländer deutlich verfehlt.

An dem Gedenken nahm auch Premierministerin Jacinda Ardern teil. Sie war 2019 durch ihr persönliches Auftreten nach der Tat international bekannt geworden. Wie wichtig ist solche Verbundenheit für eine lokale muslimische Gemeinde?

Premierministerin Ardern hat gehandelt, wie ein jeder verantwortungsbewusste, von Moral geleitete Mensch handeln muss. Dass dieses Verhalten in unserer Wertegemeinschaft als etwas besonderes und nicht als etwas normales angesehen wird, zeigt, dass wir gesellschaftlich noch viel aufzuarbeiten haben. Aus Christchurch, dem Ort des Massakers, gehen nun großartige internationale Initiativen des Dialogs, der Versöhnung und der Menschlichkeit aus. Das ist das Verdienst von Ministerpräsidentin Ardern, der Muslime in Christchurch und aller neuseeländischen Bürgerinnen und Bürger. 

Wurden Sie bei Ihren Begegnungen angesprochen auf die jüngere Entwicklung in Deutschland, vor allem auf die rassistischen Morde in Hanau? 
Der sich ausbreitende Hass in Deutschland war in vielen Gesprächen mit Angehörigen der Opfer ein Thema. Man schaut besorgt auf Europa und Deutschland.
(DW/Eigene)