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Donnerstag, 31.01.2019


Junge Berliner Muslime starten mit "Deutscher Islam Akademie"

Junge Muslime wollen sich, mit Ünterstützung der Berliner Katholischen Akademie, in den gesellschaftlichen Debatten mehr Gehör verschaffen

Berlin - Einem Vorurteil begegnen Katholiken und Muslime oft in ähnlicher Weise: einer Glaubensgemeinschaft anzugehören, die ihren Mitgliedern nur wenig Vielfalt erlaubt. In der Berliner Katholischen Akademie tauschten sich Vertreter beider Religionen am Donnerstagabend über diese Erfahrung aus - und begründeten damit zugleich eine neue Kooperation.

Es war die erste gemeinsame Veranstaltung der katholischen Bildungsstätte mit der "Deutschen Islam Akademie". Die vor gut einem Jahr begründete Initiative mit Vereinsstatus will neue Wege im Dialog von Muslimen mit Angehörigen anderer Religionen und Weltanschauungen einschlagen, wie die Vorsitzende Pinar Cetin erklärte. Nach Angaben der studierten Politikwissenschaftlerin engagieren sich in Berlin rund 60 junge Muslime für das Projekt, das auch bundesweit ausstrahlen soll. Ein weiterer Kooperationspartner ist die Bundeszentrale für politische Bildung.

In konfliktbehafteten Fragen um den Islam hat sich Cetin bereits einen Namen gemacht. So geriet sie im vergangenen September mit dem von der Türkei dominierten Dachverband Ditib aneinander. Dessen Funktionäre verwiesen sie aus der Sehitlik-Moschee in Berlin-Neukölln, als die 36-Jährige dort Schülern ein Projekt gegen die Radikalisierung muslimischer Jugendlicher vorstellen wollte.

Die in der neuen Akademie engagierten Muslime wollen aber nicht mit ihren Gemeinden brechen, "in denen sie sich weiter wohlfühlen", wie Cetin betonte. Manche empfänden im Rahmen der traditionellen Religiosität aber gelegentlich "Atemnot", räumte die Muslimin ein, die ihren Glauben mit dem Kopftuch bekundet. Sie wollten auch Themen wie Tier- und Umweltschutz und den interreligiösen Dialog nicht nur in ihre Gemeinden, sondern aus muslimischer Perspektive auch in die gesellschaftlichen Debatten tragen.




Der Auftakt in der Katholischen Akademie hatte ein durchaus eigenes Gepräge. Bevor andere zu Wort kamen, hörten die Teilnehmer, unter ihnen viele ebenfalls Kopftuch tragende junge Musliminnen, eine gesungene und programmatisch anmutende Koran-Sure über die Erschaffung der Menschen als Mann und Frau und die Vielfalt unter ihnen.

Aus unterschiedlicher Perspektive wandten sich Vertreter beider Religionen dann gegen den Verdacht, Islam und Katholizismus seien monolithische Blöcke. So betonte der Islamwissenschaftler Bacem Dziri von der Universität Osnabrück, seine Religion biete traditionell viele unterschiedliche Möglichkeiten, sie eher gemeinschaftsbezogen oder eher individuell zu leben. Wie dies dann im Einzelfall sei, hänge von auch von vielen nichtreligiösen Einflüssen ab.

Der Berliner Bibelwissenschaftler Rainer Kampling verwies auf die vielen Formen von Frömmigkeit, die es selbst unter Katholiken eines Kulturraumes gebe. Viele traditionelle Formen wie die Fastenregeln oder regelmäßige Gebetszeiten seien heute aber "vergessen".

Klaudia Höfig bedauerte einen verbreiteten Unwillen, Pluralität in einer Religionsgemeinschaft wertzuschätzen. "Ein lebenszugewandter Christ wird schnell zum Sonderfall deklariert, der nur die Borniertheit der anderen bestätigt", erlebt die Referentin für Interkulturelle Pastoral im Erzbistum Berlin immer wieder. Ähnlich äußerte sich die Muslimin Furat Abdulle und wandte sich gegen eine verbreitete "Dämonisierung" des Islam.

Welche Bedeutung der Berliner Senat der neuen Akademie beimisst, belegte beim Auftakt Staatssekretär Gerry Woop von der Kulturverwaltung. Er würdigte die Initiative als "spannenden Ansatz", der die Stadtgesellschaft und den interreligiösen Dialog bereichern könne. Muslime und Nichtmuslime "reden zu oft übereinander statt miteinander", räumte der Linken-Politiker ein. Nachdrücklich dankte er der Katholischen Akademie und deren für den Dialog mit dem Islam zuständigen Referenten Thomas Würtz und Katrin Visse für ihre "Beispiel gebende Zusammenarbeit".