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Mittwoch, 09.11.2016


Wie geht es weiter mit der "muslimischen Seelsorge"?

DIK-Fachtagung mit Sachverständigen aus Bund und Länder und dem Koordinationsrat der Muslime (KRM). Mazyek: Handfeste Lösungen für Muslime in der Bundeswehr, um religiöse Betreuung zu ermöglichen

Der Koordinationsrat der Muslime sieht neben ehrenamtlichen Angeboten eine dringende Notwendigkeit für hauptamtliche muslimische Seelsorger in staatlichen Einrichtungen. Seelsorge im institutionellen Kontext, etwa beim Militär oder im Gefängnis, sei für Muslime ein neues Phänomen, zugleich sei Hilfe für Notleidende und Bedürftige im Islam fest verankert, sagte der Sprecher des Koordinationsrats, Erol Pürlü, am Montag in Berlin bei einer Fachtagung der Deutschen Islamkonferenz.

Pürlü bekräftigte, dass muslimische Seelsorger zugleich theologisch und praktisch ausgebildet werden müssten. Dafür brauche es finanzielle Mittel. Pürlü mahnte an dieser Stelle, dass bei der Umsetzung der bisherigen Ergebnisse der Islamkonferenz «noch viel Nachholbedarf» bestehe. Dabei sei eine strukturelle und gleichberechtigte Teilnahme der muslimischen Einrichtungen umso nötiger, damit die Muslime ihrer Verantwortung nachkommen könnten.


v.l.n.r.: Vorsitzender des ZMD, Aiman Mazyek; Oberst Köster; Professor Hilbaoui


Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), sagte, dass das Thema «muslimische Seelsorge» kein «Wohlfühlthema» sei, sondern große Herausforderungen mit sich bringe. Eine Fragestellung sei etwa, wie mit der Gefahr möglicher islamischer Radikalisierung von Häftlingen umgegangen werde. Aus staatlicher Sicht sei vor allem die Frage der Kooperationspartner und des Ansprechpartners für eine muslimische Seelsorge entscheidend, betonte Krings. Hier gebe es noch sehr viele offene Fragen.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, machte jedoch deutlich, dass muslimische Seelsorge weniger kompliziert ist, als es auf den ersten Blick scheint. Die Plausibilität über die islamischen Gebote, etwa die fünf Säulen des Islam, sei schnell herzustellen. Er dringt auf schnelle Lösungen, um Muslimen beispielsweise in der Bundeswehr religiöse Begleitung zu ermöglichen. Weiterhin verwies er auf die fest verankerte Position der christlichen Kirchen im Vergleich zu einer sich noch entwickelnden Rolle der muslimischen Religionsgemeinschaften. «Wir sind angewiesen auf die Kirchen, auch im Bezug auf Beratung und Gestaltung, und sind auch offen dafür.»

Teilgenommen haben Vertreter und Sachverständige aus Kirche, Bundesministerium, Landesministerium, Justizvollzugsanstalten, Justizministerien, Bundeswehr und Universitäten.


Vorsitzender des ZMD, Aiman Mazyek (links) und Oberst Köster (rechts)


Die vor zehn Jahren vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) initiierte Deutsche Islamkonferenz dient als Dialogplattform zwischen Staat und Islam in Deutschland. Sie soll die religions- und gesellschaftspolitische Integration der rund vier Millionen Muslime voranbringen. Immer wieder wurde sie aber beeiflusst von Einzelpersonen, die diese Plattform als Selbstzweck begriffen und für ihre bisweilen islamfeindlichen Positionen unter Rückgriff für die "schweigene Mehrheit" zu sprechen diesen vorgegeben Rahmen sprengten.