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Montag, 11.07.2016


"WIr lassen uns nicht auseinanderdividieren"

ZMD Vorsitzender Aiman Mazyek über die Geschehnisse in der Fastenzeit und die Rolle der Muslime in der Gesellschaft

Aid al-fitr, das Zuckerfest, bereitet das Ende des Fastenmonats Ramadan. Überall auf der Welt feiern Muslime in diesen Tagen das Ende der Mühen beim Fasten, es ist ein Fest der Freude, bei dem die Gläubigen sich beschenken und gemeinsam essen. Dieses Jahr war der Fastenmonat jedoch überschattet von Flüchtlingskrise und anti-islamischen Ressentiments insbesondere in Deutschland. Ganz zu schweigen von den Terroranschlägen des Islamischen Staates in den vergangenen Wochen in Dhaka, Bagdad, Istanbul und Medina. Radio Vatikan sprach mit dem Vorsitzenden des deutschen Zentralrats der Muslime, Ayman Mazyek, über den Fastenmonat und die Rolle der Muslime für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Das Zuckerfest, das so genannt wird, weil es hier viele leckere Süßigkeiten zu Essen gibt, wurde in diesem Jahr in der Mitte der Woche begangen. Es beginnt mit einem Festgottesdienst, danach gehen die Familien sich gegenseitig besuchen, man beschenkt sich, insbesondere die Kinder. Weil viele Muslime unter der Woche ja noch arbeiten mussten, gibt es auch am Wochenende noch größere „Ramadan-Events“, weiß Ayman Mazyek. Als Vorsitzender des Zentralrats der Muslime – einer der Vertretungen von Muslimen in Deutschland – lobt er das Engagement der Muslime im Land während des ganzen Monats – auch für Flüchtlinge: „Die Muslime haben mit dem Ausdruck tue Gutes und rede darüber so ihre Schwierigkeiten, das haben sie gemeinsam mit ihren christlichen Freunden. Man ist natürlich als Gläubiger nicht immer bemüht, darüber zu reden, wenn man sich einsetzt für die Gesellschaft und Flüchtlingsarbeit leistet. Aber es ist notwendig, dass man das auch darstellt weil man bisweilen den Eindruck hat, dass Muslime sich in der Flüchtlingsfrage bisweilen nicht so engagieren. Aber das ist nicht der Fall. Sie haben mit den wenigen Mitteln, die sie haben, gerade auch im Ramadan ganz viel geleistet und auch jetzt zum Fest selber Flüchtlingskinder beschenkt, in der Ramadanzeit Zelte aufgebaut, Ramadan-Abende mit den Flüchtlingen organisiert, die vielen Kulturschaffenden und Integrationslotsen in unseren Gemeinden haben da ganz viel geleistet, und das hat einmal mehr belegt, dass man sich auch einbringt in der Gesellschaft.“

Der Ramadan war nicht nur für die Muslime selbst Gelegenheit, sich solidarisch zu zeigen. Auch Menschen aus Zivilgesellschaft, Politik und anderen Glaubensrichtungen hätten am Ramadan teilgehabt und am Fastenbrech-Essen, dem iftar, teilgenommen.

„Das Iftar ist ja fast schon Brauchtum in unserem Land, das heißt also von Ministerpräsidenten, über Bundesminister, zivile und religiöse Einrichtungen wird der Iftar begangen und man lädt sich ein. Das ist eine schöne Sache. Das macht einmal mehr deutlich, dass das gesellschaftliche Engagement von Muslimen hochgeschätzt wird. Und das verdeutlicht auch, dass die Fragestellung, ob der Islam nun zu Deutschland gehört oder nicht, mit diesen Aktivitäten schon längst beantwortet ist.“

Die Aussage dürfte an einen Gesprächsversuch des Zentralrats mit der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) vom Mai anspielen. Damals sollte es um das Grundsatzprogramm der AfD gehen, in dem es heißt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Die Gespräche wurden jedoch frühzeitig von AfD-Chefin Frauke Petry abgebrochen, man wurde sich nicht einig. Mazyek zeigt sich dennoch zuversichtlich, dass es nicht zu einer Spaltung der Gesellschaft kommt.

„Natürlich macht uns Sorgen, dass die Populisten und Demagogen unterwegs sind, aber ihnen wird es nicht gelingen, diesen gemeinsamen Auftrag, den wir haben, uns für unsere Mitmenschen und unsere Zukunft in unserem Land einzusetzen - am gleichen Strang wie Christen und Juden zu ziehen – es wird ihnen nicht gelingen, uns auseinanderzudividieren. Aber natürlich füllen uns diese Entwicklungen in Europa insgesamt aber auch in Deutschland mit Sorge, dass durchaus eine nicht unbedeutende Gruppe von Bürgern sich verleiten lässt von solchen populistischen und demagogischen Aussagen, die alles andere sind als Alternativprogramme für unsere Politik. Das sieht man ja in England, wo es erst heißt: Austritt, und dann verziehen sich die Verantwortlichen, die noch vorher das propagiert haben und übernehmen keine politische Verantwortung für diese Verführung der Gesellschaft. Das zeigt einmal mehr, dass das keine Alternativprogramme oder Lösungsansätze sind, um unsere durchaus auch bekannten Probleme etwa im Bereich der Ökon mie oder der Gesellschaft zu lösen.“

Ein weiteres gesellschaftliches Problem, das hinzukommt, ist der internationale Terrorismus. Der Ramadan wurde gleich von mehreren Terroranschlägen auf der ganzen Welt überschattet. Erst am Montag hatte sich ein Mann nahe der Prophetenmoschee in Medina, Saudi-Arbien, in die Luft gesprengt - die Grabmoschee Mohammeds gilt als zweitwichtigste heilige Stätte des Islam. Ein weiterer Beleg für Mazyek, dass Terroristen wie die des Islamischen Staates eine Bedrohung auch für Muslime seien.

„Das erfüllt uns das mit Sorge und Trauer, dass solche Anschläge wie in Bagdad und Istanbul, dass das viele Menschen in den Tod getrieben hat und ihnen Leid zugefügt hat. Aber wir haben immer gesagt, dass die Terroristen nicht in irgendeiner Weise im Kontext einer Religion sind, sondern dass sie die größten Feinde unserer Religion und unseres Glaubens sind. Und ich hoffe, dass hier auch dem Letzten klar wird, dass IS steht für den Angriff auf Muslime selbst und nicht, dass sie den Glauben oder die Religion verteidigen.“

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