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Freitag, 13.05.2016

Aiman Mazyek veröffentlicht Buch zum islamischen Alltag

Von Paula Konersmann


Bonn (KNA) Am Anfang steht die Kritik. Mit Begriffen wie «Dschihad» oder «Scharia» hantierten selbst gut informierte Menschen, ohne deren Bedeutung zu kennen. Auch «Kopftuch» oder «Fatwa» seien zu «angstbesetzten Kampfbegriffen» geworden. Aiman Mazyek findet: So werde die Forderung nach Dialog «zur Farce».

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) vertritt nicht alle vier Millionen Muslime im Land. Durch hohe mediale Präsenz hat er sich jedoch den Ruf eines zentralen Ansprechpartners erworben. Dafür erntete er gelegentlich Kritik aus den eigenen Reihen, etwa wegen seiner Teilnahme an der Solidaritätskundgebung nach dem Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» im Januar vergangenen Jahres.

Gegenwind, manchmal aus verschiedenen Richtungen - doch aufgeben will Mazyek offensichtlich nicht. Sein Buch «Was machen Muslime an Weihnachten? Islamischer Glaube und Alltag in Deutschland», das am heutigen Montag im Bertelsmann-Verlag erscheint, ist ein Beleg dafür. Er wolle von Geschichte und Gegenwart von Islam, von Alltag und Glauben der Muslime erzählen, erklärt Mazyek im Vorwort. Die zentrale Botschaft: «Wir Menschen sind uns ähnlicher, als wir es wahrnehmen.»

Wer die jüngsten Islam-Debatten verfolgt hat, konnte einen anderen Eindruck gewinnen. Mazyek macht das Umschlagen der öffentlichen Wahrnehmung an einem Ereignis fest: dem 11. September 2001. Nach dem Terroranschlag mit über 3.000 Toten sei ihm schnell klar geworden, dass Muslime weltweit nun vor dem Hintergrund dieser Attacke betrachtet würden, schreibt er. Dass die Diskriminierung von Muslimen etwa bei Job- und Wohnungssuche zugenommen hat, haben inzwischen auch Studien belegt. Ihre Situation gleiche «jener von Don Quijote und dessen ausweglosem Kampf gegen Windmühlen», beklagt Mazyek.

Von 9/11 schlägt er einen Bogen zur Flüchtlingskrise: Durch sie werde Islamfeindlichkeit «weit über den rechten Rand der Gesellschaft hinaus salonfähig». Dieser antimuslimische Rassismus nähere sich einem Höhepunkt - und richte sich zumeist indes nicht wirklich gegen praktizierende Muslime, «sondern auf jene, die aufgrund ihres Aussehens, ihres Herkunftslandes (oder dem ihrer Eltern) oder ihres Nachnamens als 'Muslime' markiert werden».

Der gelernte Medienberater will das nicht so stehen lassen. Er erinnert an die Muslime im Osten und Südosten Europas - gewissermaßen lebende Belege dafür, dass der Islam in Europa kein neues Phänomen ist. Auch erklärt der 300 Seiten starke Band zentrale Begriffe und widerspricht Auffassungen, nach denen etwa der Koran eine Paralleljustiz fordere.

Ein Schwerpunkt ist das Thema Religionsfreiheit, zuletzt durch das Grundsatzprogramm der AfD in die Schlagzeilen geraten. Sie gehöre zur Glaubenslehre des Islam, betont Mazyek, ebenso wie der Koran den Austausch mit anderen Glaubensgemeinschaften fordere. «Wir brauchen also keine neue Auslegung des Islam, um auf den Dialog zu setzen», so sein Fazit. Nicht islamkonform seien dagegen die Gräueltaten von Terroristen.

Gemeinsamkeiten mit kirchlichen Positionen werden deutlich, etwa bezüglich der Ablehnung aktiver Sterbehilfe. In der Auseinandersetzung mit Rechtspopulisten dagegen wünsche er sich manchmal klarere Worte von Kirchenvertretern, schreibt Mazyek.

Für die Muslime formuliert er konkrete Vorschläge, etwa beim Bau von Moscheen die traditionelle muslimische Architektur mit modernen Elementen in der neuen Heimat zu verbinden. Das Plädoyer für gegenseitige Rücksichtnahme kommt nicht pathetisch daher. Kaum ein Nicht-Muslim, so Mazyek, beschwere sich «über die Halal-Eigenschaft von des Deutschen liebstem Fastfood», dem Döner.

Bleibt nur noch die Frage offen, die der Buchtitel stellt: Was machen Muslime an Weihnachten? Mazyek, Sohn eines Syrers und einer Deutschen, hat als Kind stets bei der Familie seiner Mutter gefeiert und die «Tradition genossen», wie er berichet. Für ihn gebe es nicht die vielzitierten «zwei Welten»; auch als Erwachsener schreibe er Weihnachtsgrüße. Mazyeks eigener Appell mutet denn auch etwas weihnachtlich an: «Statt auf die Dunkelheit zu schimpfen, zünden wir lieber eine Kerze an.»

(Paula Konersmann, KNA)