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Samstag, 30.04.2016
Staatsrechtler kritisiert Grünen
"fantasielos und ignorant gegenüber den gesellschaftlichen Konfliktlagen unserer Zeit" - Konstruktive Vorschläge zum Umgang mit unterschiedlichen Religionskulturen des Islam suche man in dem Papier vergeblich
Der Göttinger Staatskirchenrechtler Hans Michael Heinig hat das Positionspapier der Grünen zum Verhältnis von Staat und Religionen stark kritisiert. «Wer einen großen religionspolitischen Wurf erwartet hat, sieht sich enttäuscht, schreibt Heinig in einem Beitrag der in Bonn erscheinenden »Zeit«-Beilage »Christ & Welt« (Donnerstag). Das Papier der Grünen arbeite teilweise »mit diffuser Empörung statt differenzierter Analyse«, so Heinig weiter. Religionspolitisch propagierten die Grünen die Hegemonie einer relativistischen Leitkultur, statt die multireligiöse Gesellschaft ernst zu nehmen.
Die Grünen hatten den Bericht, in dem sie Reformen beim Staat-Religionen-Verhältnis fordern, im März vorgestellt. Erarbeitet wurde er von einer eigens einberufenen Kommission, in der unter anderem die Parteivorsitzende Simone Peter, die Berliner Landesvorsitzende Bettina Jarasch sowie der religionspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volker Beck, saßen.
Grundtenor der Grünen sei, dass das Religionsverfassungsrecht veraltet und dringend reformbedürftig sei, erklärte Heinig. Statt konkrete Defizite bei der Behandlung anderer Religionen zu nennen, bemühe die Kommission »gefühlte Ungleichbehandlungen und viele kirchenkritische Ressentiments«.
Immerhin werde die simple Lösung, alle Religionen aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen, nicht propagiert. Die Religionspolitik der Grünen sei »bemerkenswert fantasielos und ignorant gegenüber den gesellschaftlichen Konfliktlagen unserer Zeit«, so das Fazit Heinigs.
Seiner Einschätzung nach steht das deutsche Modell kooperativer Trennung von Staat und Religion im internationalen Vergleich »ziemlich gut da«, »weil es zugleich Freiheit gewährleistet, in die Gesellschaft integriert und vor ernsthaften Gefahren effektiv schützt«. Auch solche Einsichten ignorierten die Grünen. Auch konstruktive Vorschläge zum Umgang mit den sehr unterschiedlichen Religionskulturen des Islam suche man in dem Papier vergeblich, erklärte Heinig.
Die Kommission befasste sich unter anderem mit den Themen Religionsfreiheit, kirchliches Arbeitsrecht, Religionsunterricht, Sonntagsschutz, Feiertage, Staatsleistungen sowie mit der Kirchensteuer. Der Bericht soll nun in der Partei und mit Religionsvertretern diskutiert werden. Im November soll auf dem Bundesparteitag ein entsprechender Antrag beraten und verabschiedet werden.
Kürzlich haben Bündis90/DIEGRÜNEN in einem Thesenpapier allen muslimnischen Verbänden mehr oder weniger, obgleich seit Jahrzehnten in der religiösen, seelsorgerischen Betreuung und Diensleistung im Einsatz, ihren Status als Religionsgemeinschaft abgesprochen und damit ihrem eigenen Anspruch und Motto "Islam einbürgern" widersprochen.