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Mittwoch, 27.10.2004



24.10.04 "Nur" Bewährungsstrafe wegen Tötung eines Abschiebehäftlings schrieb:


Einen Menschen zu fesseln, knebeln, an einen Stuhl zu binden und den Hilflosen sodann durch gewaltsames Ersticken auf grausame Weise zu Tode bringen, ist ein ,,minder schwerer Fall von Körperverletzung", so entschied zumindest das Frankfurter Landgericht im Prozess um den Tod des Sudanesen Aamir Ageeb während seiner Abschiebung aus Deutschland. Diese Entscheidung sei nur möglich gewesen, weil es sich bei dem Getöteten um einen afrikanischen Flüchtling und bei den Tätern um deutsche Beamte handelt, wird das Gericht heftig kritisiert. In Übereinstimmung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft verurteilte das Gericht die angeklagten Beamten des Bundesgrenzschutzes (BGS) zu einer milden neunmonatige Bewährungsstrafe. Dies ermöglicht den erneuten Einsatz der verurteilten Beamten in der „Abschiebeeinheit“ des BGS. Menschenrechtsorganisationen weisen darauf hin, dass dieses Urteil den Eindruck entstehen lässt, dass Amtsträger künftig damit rechnen können, bei einem Totschlag an Ausländern, glimpflich davon kommen zu können. Berlin verweigert bis heute die Umsetzung einer EU-Richtlinie ins deutsche Recht, die Diskriminierung „auf Grund der Rasse oder ethnische Herkunft“ verhindern soll, heißt es bei Pro Asyl.

Der Sudanese Aamir Ageeb war bei seiner Abschiebung in einem Flugzeug am 28. Mai 1999 aufgrund der Haltung, in die er gezwungen wurde, erstickt. Der 30-jährige war in der Maschine zunächst an seinen Sitz gefesselt worden, verschnürt wie ein Paket. Der Sudanese habe mehrfach gesagt, er bekomme keine Luft mehr, sagte die Frau, die im Flugzeug vor dem Mann direkt neben einem der drei angeklagten Beamten des Bundesgrenzschutzes gesessen hatte: „Ageeb hat sich, kurz nachdem die Maschine los gerollt ist, im Sitz aufgerichtet.“ Einer der Beamten habe die 54 jährige Zeugin und ihre elfjährige Tochter schließlich mit den Worten beruhigt "Wir machen ihn ruhig." Der Polizist, der neben ihr saß, sei dann aufgestanden und habe sich nach hinten gebeugt und den Oberkörper des Sudanesen auf dessen Knie gedrückt. Acht Minuten später war Ageeb tot.

Massive Kritik übte der Vorsitzende Richter Gehrke am BGS. Er warf dem Bundesgrenzschutz schwere Versäumnisse bei der Ausbildung der für die Abschiebungen eingesetzten Beamten vor. Lebensgefährliche Zwangstechnicken bei Abschiebungsverfahren sind seit den 1990er Jahren an der Tagesordnung des BGS. „Die Zukunft der Angeklagten wäre zerstört worden, während ihre Vorgesetzten zum Teil weiter aufgestiegen sind“, begründete Gehrke das milde Urteil. Die Verurteilung zu einer einjährigen Haftstrafe hätte die Entlassung aus dem Beamtenstatus mit sich gezogen.

Trotz der berechtigten Kritik an den Vorgesetzten der Verurteilten, ist das Urteil dennoch beunruhigend. Es eröffnet Amtsträgern die Möglichkeit, durch den Verweis auf ihre schlechte Ausbildung und ihre Vorgesetzten das eigene menschenunwürdige Verhalten zu entschuldigen. Auch wenn für die Ausbildung die Vorgesetzten verantwortlich sind, so trägt der einzelne Beamte für sein konkretes Verhalten selbst die Verantwortung. Dass beim Umgang mit Minderheiten bei Sicherheitsdiensten die Gangart um einiges härter ist als sonst, kann wohl nicht bloß auf die mangelhafte Ausbildung zurückgeführt werden, sondern zeigt eine deutlichen menschlichen Mangel bei den Amtsträgern. Dies auch noch als mildernde Umstände anzuerkennen, trägt sicher nicht dem Schutz der Menschenrechte und dem Erhalt der Rechtsstaatlichkeit bei.(Quelle: igmg.de