Dienstag, 13.11.2001
Rasterfahndung verunsichert TU-Studenten
Ombudsmann kritisiert 607 Überprüfungen im Haus / "Angst, Rückzug und
Schweigen"
DARMSTADT. Als überzogen und unwirksam hat der Darmstädter Juraprofessor Adalbert Podlech die Rasterfahndung nach "schlafenden" Terroristen bezeichnet. Der Staat versuche damit, in einer Situation der Hilflosigkeit Handlungsfähigkeit zu beweisen, sagte Podlech auf einer Podiumsdiskussion am Donnerstagabend in der Technischen Universität (TU) Darmstadt. Es müsse geprüft werden, ob diese Methode mit der Verfassung in Einklang zu bringen sei.
Nach Auskunft des Pädagogikprofessors Josef Rützel sind in Darmstadt im Rahmen der Rasterfahndung 607 ausländische Studierende überprüft worden. Geforscht worden sei nach Männern im Alter zwischen 18 und 40 Jahren, die aus arabischen oder osteuropäischen Ländern stammen und in den vergangenen fünf Jahren ein technisches Fach studiert haben.
Dies habe zu großer Verunsicherung geführt, sagte der Ombudsmann für die ausländischen Studierenden. Der Versuch der Regierung, die Bevölkerung mit der Rasterfahndung zu beruhigen, habe zur Pauschalverurteilung von Ausländern geführt.
"Viele Studierende wissen nicht mehr, wie sich verhalten sollen", so Rützel. "Wenn sie gläubig sind und weiter zum Freitagsgebet gehen, machen sie sich verdächtig. Das gleiche gilt, wenn sie diese Praxis aufgeben."
Das Ergebnis sei Angst, Rückzug und Schweigen. Einige fühlten sich auch ständig beobachtet. Die Beteuerungen des Universitätspräsidiums, die ausländischen Studenten in Schutz zu nehmen, reichten nicht aus. "Wir müssen offensiv den Dialog mit ihnen suchen und ihre Bedeutung für die Universität herausstellen", forderte Rützel.