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Donnerstag, 13.11.2014
Bürgermeister Balzer: Wir erleben wieder Angriffe auf Moscheen und Synagogen
Der 9. November ist ein Tag in der Deutschen Geschichte mit zahlreichen Facetten. Am 9.11.1918 rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann am Reichstag die Republik aus. 1923 wollte sich Hitler an die Macht putschen, am 9. November 1938 prügelten Nazis jüdische Mitbürger zu Tode und zündeten Synagogen an. 1989 fiel die trennende Mauer in Deutschland. Am 9. November 2014 erinnerte der Bezirksbürgermeister von Reinickendorf, Frank Balzer (CDU) zusammen mit Vertretern aus dem tschechischen Lidice an Gräueltaten, an das, was Menschen anderen Menschen angetan haben. Frank Balzer wies darauf hin, am 9. November 1938 kamen auf deutschem Boden 91 Menschen ums Leben. Die genaue Zahl der durch faschistische Hände „ermordeten jüdischen Mitbürger können wir nur erahnen. Die Dunkelziffer der Ermordeten liegt bei 1.300 bis ca. 1.500 Menschen.“
Wer zur „damaligen Zeit dachte, es könne nicht mehr schlimmer kommen, wurde bitter enttäuscht. Der Holocaust mit all seinen schrecklichen Gräueltaten sollte sich erst noch entfalten“ an Orten wie Dachau, Auschwitz und Lidice (deutsch: Liditz). 1942 verübten tschechische Partisanen ein Attentat in Prag auf SS – Obergruppenführer Reinhard Heydrich. Der Statthalter von Prag, den die Bevölkerung in der besetzten tschechischen Hauptstadt ob seiner Grausamkeiten „Bluthund“ nannte, starb an den Folgen des Attentats. Auf Anordnung Hitlers sollte ein Exempel statuiert werden an der Bevölkerung im besetzten Land. Die Waffen – SS unterstellte den Dorfbewohnern von Lidice, einem Dörfchen rund 20 Kilometer westlich von Prag gelegen, hier hätten die Attentäter Zuflucht gefunden. Das Dorf inklusive seiner Bevölkerung wurde durch die Nazis dem Erdboden gleichgemacht. 172 Männer wurden im Dorf erschossen. 195 Frauen transportierten die braunen Mörder ins KZ Ravensbrück, wo bis Kriegsende 52 umgebracht wurden. Wie perfide die Rassenideologie der Hitler – Schergen war, zeigte sich bei den Kindern von Lidice. Rassenmediziner und Rassenhygieniker aus dem Deutschen Reich untersuchten die 98 Kinder von Lidice.
Man befand, das 13 Kinder die germanischen Rassenbedingungen erfüllten und sie wurden zur Zwangsgermanisierung an parteitreue Familien ins Reich überstellt. Die anderen 85 Kinder starben in Gaskammern. Aus Lidice und anderen Gemeinden nahmen Vertreter an der Gedenkfeier in Berlin teil. Seit Jahrzehnten gibt es einen Rosenhain in Reinickendorf für die Opfer von Lidice. Aus der tschechischen Republik reiste Bohumil Rericha (70) an. Er ist Vorstandsmitglied im Freundeskreis für Deutsch – Tschechische Verständigung und sagte: „In tiefer Ehrfurcht verneigen wir uns hier vor den Opfern der deutschen nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Es sind unzählige Opfer. Die Opfer der Reichspogromnacht, die Opfer des folgenden Holocausts und auch die unschuldigen Opfer des kleinen Dorfes Lidice in der früheren CSSR.“ Der Redner betonte auch, der Frieden sei ein hohes Gut und „wir alle erleben jetzt schreckliche Dinge. Wir erleben einen Krieg in der Ostukraine und Gewaltexzesse im Nahen Osten.“ Mit großer Sorge sehe er, „dass die Kräfte des Bösen, vor allem Nationalismus und Antisemitismus, in Europa wieder Oberhand gewinnen.“
Das Thema behandelte auch Bezirksbürgermeister Balzer und erklärte: „Wir leben wieder in einer Zeit, wo Moscheen und Synagogen angegriffen werden und das Nazigedankengut verbreitet wird.“ Er rief dazu auf, „laut gegen Nazis die Stimmen zu erheben.“ Im Pressegespräch mit islam.de erklärte Frank Balzer: „Der Bezirk Reinickendorf setzt sich tagtäglich dafür ein, gegen braunes Gedankengut anzugehen. Das machen wir im Bezirksamt auch durch Besuche bei Schulen, Vereinen und Organisationen deutlich und warnen vor den Gefahren von Rechts. Hier im Bezirk ist kein Raum für Nazis und wir sind auch stolz darauf, dass bei uns im Bezirksparlament keine rechten Kräfte sitzen.“ (Volker-Taher Neef, Berlin)