(v.r.n.l.) SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Eva Högl, Moderatorin Betül Ülusoy und Bernd Palenda, Leiter des Berliner Verfassungsschutzes
NSU: Versagen der Staatsapparate darf es nie wieder geben
Leiter des Berliner Verfassungsschutzes und Eva Högl, MdB, bei ZMD Hauptstadtgesprächen über NSU, Rassismus und Rechtsextremismus
Am 14. Oktober 2014 fanden die ZMD-Hauptstadtgespräche in den Sälen der Bosnischen Gemeinde in Kreuzberg statt. Auch diese Tagung erlangte wieder guten Zuspruch, zumal mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Eva Högl, Mitglied des NSU- Ausschusses, sowie Bernd Palenda, Leiter des Berliner Verfassungsschutzes, zwei hochkarätige Teilnehmer unter der Moderation von Betül Ülusoy die Diskutanten waren. Die Juristin Betül Ulusoy führte souverän die Moderation.
Meho Travljanin, Gemeindevorsteher der Bosnischen Gemeinde, begrüßte die Anwesenden mit den Worten: „Das ist heute ein Thema, das uns besonders bewegt. Viele Muslime wissen immer noch nicht so genau, für was NSU steht, was das konkret bedeutet. Wir hatten es mit einer neuen Dimension der Gewalt zu tun.“
ZMD Vorsitzender Aiman Mazyek erklärte in der Einführung: „Erst nach der Aufdeckung durch Kommissar Zufall ist NSU in der Gesellschaft bekannt. Nach 9/11 lag das Augenmerk auf einem anderen Terrorismus. Die Ausrichtung war aber einseitig. Die berechtigte Frage in diesem Zusammenhang lautet doch: Warum war das so, trotz verschärfter Sicherheitsgesetze und Warnung eines Homegrown-Terror, den nun zu aller Überraschung in Deutschland von rechts kam?“ Die Veranstaltung wertet Mazyek als einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie, weil aufgeklärt wird, die Schwachstellen in unserer Gesellschaft, wie z.B. der Rassismus schonungslos benannt werden und so Vertrauen in Staat und Gesellschaft wieder zurückgeholt werden kann.
Die Parlamentarierin Högl merkte an: „Die Mordserie und die verheerenden Brandanschläge waren ein Angriff auf uns alle. Nach und nach kam Ende 2011 ans Tageslicht, was da konkret vor sich gegangen ist. Niemand, weder Polizei, noch Verfassungsschutz, noch Justiz, auch die Medien nicht, haben einen Zusammenhang gesehen.“ Sie wies daraufhin: „Wir alle haben viel gelernt aus NSU. Das verloren gegangene Vertrauen schmerzt dabei besonders.“
Bernd Palenda ist sich im Klaren darüber, „das man dieses Thema immer wieder zur Diskussion bringen muss. Es ist für uns ein Ansporn, ja sogar ein Befehl, dass es eine solche Konstellation nie wieder geben darf.“ Die Behörden in Deutschland haben aufgrund dieser Mordserie ihre Zusammenarbeit völlig neu aufgestellt. „Viele Maßnahmen wurden getroffen, die Behörden – Zahnräder greifen jetzt besser. Eine eigene und unabhängige Überwachungseinheit innerhalb der Berliner Behörde kontrolliert jetzt alle Abläufe.“ Eva Högl forderte von allen Beteiligten in Behörden bis hin zu den Medien auch ein sofortiges Umdenken in Sachen Rassismus und nannte das Beispiel Mevlana – Moschee. „Nur weil bei diesem Brandanschlag weder ein Bekennerschreiben noch ein Schweinekopf vorgefunden wurden, kann man doch nicht voreilig den Schluss ziehen: Es liegt kein rechtsradikaler oder rassistischer Hintergrund vor.“ Der Leiter des Berliner Verfassungsschutzes erklärte, der Verfassungsschutz werde immer hellhörig sein, wenn eine Straftat enen rassistischen, antisemitischen oder antimuslimischen Hintergrund haben könnte. Er habe auch dafür gesorgt, dass seine Mitarbeiter regelmäßig an interreligiösen und interkulturellen Schulungen teilnehmen. Man muss aber der Bevölkerung auch mitteilen: „Der Verfassungsschutz ist keine Polizei, noch nicht einmal Hilfspolizei. Wir sind der Brandmelder.“ "Eine Tatsache hier und heute erfüllt mich mit Stolz. Ich konnte mit Ihnen reden. Solche gemeinsamen Veranstaltungen schaffen Vertrauen und sie stärken die Demokratie.“ erklärte Palenda zum Schluss.
Die Veranstaltung des ZMD in der Bundeshauptstadt hat wieder einmal unter Beweis gestellt, welch hohen Stellenwert die Hauptstadtgespräche mittlerweile innehaben. Die nächste Veranstaltung wird schon erwartet. (Volker-Taher Neef, Berlin)