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Dienstag, 14.01.2014
NRW: Atheisten-Verband scheiterte als „Religionsgemeinschaft“ gleichgestellt zu werden
Kooperationspartner des Staates könne laut Gesetz nur eine Religionsgemeinschaft und keine Weltanschauungsgemeinschaft sein – noch!
Münster (KNA) Mit einer Überraschung ist am Dienstag die
Berufungsverhandlung am Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) über die
Einführung eines lebenskundlichen Unterrichts in Nordrhein-Westfalen
zu Ende gegangen. Der Humanistische Verband in Nordrhein-Westfalen
(HVD NRW) zog seine Klage gegen das Land NRW zurück. Diese
Entscheidung begrüßte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne).
Damit wird es zunächst kein ordentliches Schulfach «Humanistische
Lebenskunde» an Rhein und Ruhr geben.
Der Vorsitzende Richter Bernd Kampmann hatte während der Verhandlung
angedeutet, dass der Senat die Berufung zurückweisen werde. Der
Verband nutzte die Chance, in dieser Situation kein rechtskräftiges
Urteil herbeizuführen. Als Begründung nannte das Gericht, dass
vonseiten des HVD NRW keine Aussagen über die Zahl der unter
14-jährigen und damit nicht-religionsmündigen Kinder unter seinen
Mitgliedern vorlägen. Als Anforderung zur Einführung eines
ordentlichen Schulfaches in NRW sehe das Gesetz jedoch eine
Mindestzahl von zwölf Schülern vor. Ein ordentliches Lehrfach sei
Pflichtunterricht. Es müsse sich somit feststellen lassen, welche
Kinder zur Teilnahme verpflichtet sind.
Der HVD lehnt eine solche Offenlegung seiner Mitgliederstruktur
prinzipiell ab. Auch vor dem OVG wollten die Vertreter des Verbandes
keine Angaben über minderjährige Mitglieder oder deren Eltern
vorlegen. Vielmehr sieht der Verband nach eigenem Bekunden die
Chance, später erneut einen Antrag zu stellen.
Schleichende areligiöse Lesart von Staat und Gesellschaft wird konsequent vorangetrieben
Der Vorsitzende Richter hatte ausgeführt, dass für eine
Urteilsfindung neben den Voraussetzungen für ein ordentliches
Lehrfach auch die Frage zu erörtern sei, ob Weltanschauungsunterricht
gleichberechtigt neben dem Religionsunterricht stehen könne. Vor dem
Hintergrund der Einführung eines islamischen Religionsunterrichts sei
dies «eine der spannendsten Fragen» verfassungsrechtlicher Art, die
dem Gericht in den vergangenen Jahren vorgelegen hätten. Wenn es nur
darum ginge, würde der Senat die Berufung zulassen, um eine
grundsätzliche Klärung zu ermöglichen.
Löhrmann wies darauf hin, dass es ein breites Angebot an Alternativen
zum Religionsunterricht gebe. So würden 244.000 Schüler im Fach
Philosophie unterrichtet.
Wie der katholischen und der evangelischen Kirche kommt auch dem HVD
in NRW der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu. Der
Verband hatte den Antrag auf Einführung lebenskundlichen Unterrichts
bereits 2006 beim Schulministerium gestellt, das diesen Antrag aber
ablehnte. Eine Klage des HVD NRW beim Verwaltungsgericht Düsseldorf
wurde 2011 ebenfalls abgewiesen.
Zur Begründung hieß es damals, aus der grundgesetzlich geschützten
Glaubensfreiheit könne kein Anspruch auf Lebenskundeunterricht
hergeleitet werden. Kooperationspartner des Staates könne laut Gesetz
nur eine Religionsgemeinschaft und keine Weltanschauungsgemeinschaft
sein.