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Dienstag, 27.08.2013
Rechte Aufmärsche
Bundestagswahl und die Rechtsextremisten: Hetze gegen Muslime als Hauptbestandteil der Wahlkampftaktik
Rund 40 NPD-Anhänger hatten am Dienstag letzte Woche in Hellersdorf gegen das Asylbewerberheim protestiert, in dem seit einiger Zeit unter anderem Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und vom Balkan untergebracht sind. Seit Tagen kommen Bürgermobs und skandieren unerträgliche, menschenverachtende und islamfeindliche Slogans.
Bei einer Kundgebung letzte Woche der Rechtspopulisten von Pro Deutschland in Berlin-Mitte zeigten sich die Berliner Spitzenkandidaten von CDU, SPD, Linke und Grünen einträchtig bei der Gegendemonstration. Die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer, kritisierte die islamfeindlichen Kundgebungen als "rechtsradikale Hetze“ gegen Asylbewerber und Flüchtlinge aufs Schärfste.
In den letzten Tagen machen NPD-Aufmärsche in verschiedenen Städten in Deutschland auf sich aufmerksam. Mit dem Slogan "Geld für Oma statt Sinti und Roma" hetzt die NPD oder explizit gegen Minderheiten als Teil ihrer Wahlpropaganda. Über Stunden haben Menschen in einem von Muslimen bewohnten Erfurter Straßenzug gegen Rassismus und für Toleranz demonstriert. Schilder mit durchgestrichenen Moscheen, ein Plakat mit einem blonden und blauäugigen Kind und eine Aufschrift "Kick Islam out of Germany" (tretet den Islam aus Deutschland heraus) machten einmal mehr deutlich, wes Geistes Kind die Partei ist. In den nächsten Tagen wollen Pro NRW und anderer Gleichgesinnte wieder verstärkt braune Aufmärsche vor muslimischen Gotteshäuser veranstalten.
Meinst formiert sich dann eine Bürgerwehr aus Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und eben der betroffenen Menge so erfolgreich, dass sie entweder in Anzahl den radikalen Provokateuren weit überlegen sind, oder das die Kundgebung ganz abgesagt wird, wie zuletzt in Erfurt. Es wird zwar nicht explizit zu Gewalt aufgerufen, aber bewusst Hass gegen diese Minderheit geschürt. Das wiederum ist Teil der Strategie der Neonazis den Rassismus weiter salongfähig zu machen und in die Mitte der Gesellschaft zu tragen mit den eben bekannten fatalen Ergebnissen: Islamfeindlichkeit nimmt rapide zu, die Angriffe auf Ausländer oder Moscheen ebenso, Hemmschwellen – „man darf doch mal sagen dürfen“ sich gegenüber den Andersdenkenden und Andersaussehenden herabzusetzen nehmen ebenfalls zu. Alles statistisch und durch Ereignisse eindrucksvoll (schrecklich) belegt.
Zudem muss klar sein, dass das gesellschaftliche Klima in Deutschland durch die rassistischen Mordanschläge von Mölln, Solingen oder Rostock bis hin zu den vielen rassisischen Morden, wie z.B. an Marwa El-Sherbini und die Anschläge auf Ausländer und muslimischen Einrichtungen, den NSU-Terror erst begünstigt hat . Erst wenn dieser Kontext erkannt wird, die Verbindung von Wegschauen oder Verharmlosung dieser Straftaten und der Zunahme von Alltagsrassismus und die Absenkung der Hemmschwelle immer mehr Menschen, die meinen gegen Andersdenke und Andersaussehende zu Felde ziehen zu müssen, kann diesen Umdenken stattfinden. All das sind große Gefahren und erschüttert Grundfesten unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung. Wer das nicht glaubt, der möge den NSU-Untersuchungsausschussbericht (wir berichteten) lesen.
Die Berliner Initiative ReachOut registrierte alleine 139 Fälle rassistischer Gewalt im vergangenen Jahr in Berlin. Nur über einen geringen Teil haben die Medien berichtet, längst nicht alle Vorkommnisse fanden ihren Weg in die Polizeistatistik. In dieser Analyse kommt die Initiative ReachOut zu interessanten Ergebnissen. So ist die Zahl der registrierten Gewalttaten im Vergleich zum Vorjahr (2011: 158) zwar leicht zurückgegangen, gleichzeitig wurden aber 2012 mehr Menschen verletzt und massiv bedroht als im Vorjahr. Zudem setzte sich im vergangenen Jahr eine Tendenz fort, die schon 2011 zu beobachten war: Die meisten Angriffe erfolgen im Westteil der Stadt. 2012 waren dies 76, das entspricht knapp 55 Prozent; 2011 lag die Quote noch bei 51 Prozent.