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Mittwoch, 09.01.2013

Islamfeindlichkeit grassiert in allen Schichten

ZMD: „Islamfeindlicher Rassismus muss als eigenständiger Tatbestand gewertet werden“

Sozialforscher Wilhelm Heitmeyer warnt vor einer neuen Form des Rassismus in Deutschland. Statt reiner und allgemein verurteilter Fremdenfeindlichkeit verlagerten sich Ressentiments auf den Islam – und das sei gesellschaftlich anerkannt. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) fordert von der Bundesregierung eine klare Positionierung gegen Islamfeindlichkeit.

„Islamfeindlicher Rassismus muss als eigenständiger Tatbestand gewertet werden“, sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek in einem Gespräch gestern mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) . Bisher weigerten sich Regierung und Sicherheitsbehörden, Straf- und Gewalttaten gegen Muslime gesondert zu erfassen, sondern subsumierten sie vielmehr unter dem Oberbegriff Fremdenfeindlichkeit. „Dadurch wird die Dimension der Islamfeindlichkeit verschleiert“, kritisierte Mazyek.

Dass sich Rassismus verstärkt gegen religiöse Gruppen richtet, sieht auch der Bielefelder Sozialforscher Wilhelm Heitmeyer. Ihm zufolge definiert sich Fremdenfeindlichkeit nicht mehr über ethnische, sondern über religiöse Kategorien. „Es heißt nicht mehr ,die Türken‘, sondern ,die Muslime‘“, sagte er der NOZ. Diese Generalisierung führe zu einer immer größeren Ablehnung innerhalb der Bevölkerung.

Tatsächlich hat die Mehrheit der Deutschen große Ressentiments gegenüber dem Islam. Einer aktuellen Studie des Allensbach-Instituts zufolge meinen 64 Prozent, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Rund 80 Prozent der Befragten verbinden ihn mit der Unterdrückung der Frau, Fanatismus und Radikalität, nur den Wenigsten fallen zum Islam die Worte Toleranz oder Nächstenliebe ein. Laut Heitmeyer findet sich die negative Haltung in allen Gesellschaftsschichten wieder. „Bildung schützt nicht vor Islamfeindlichkeit“, sagt er.

Auch für Mazyek ist anti-muslimischer Rassismus ein Problem, das „bis in die Mitte der Gesellschaft reicht“. Daher genüge ein NPD-Verbot alleine nicht, um Rassismus zu bekämpfen. „Das wäre eine gefährliche Verharmlosung, die dazu führt, die Augen vor dem Alltagsrassismus zu verschließen“, sagte er.

Wenig Handlungsbedarf sieht hingegen das Bundesinnenministerium. Zwar erkennt es islamfeindliche Äußerungen als „Ausdruck von Ängsten vor Überfremdung“. Eine verbreitete Islamfeindlichkeit in Deutschland beobachtet es aber nicht, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht.

Um besser nachvollziehen zu können, wie sich rassistische Gesinnungen in Deutschland entwickeln, fordert Mazyek einen jährlichen Anti-Rassismusbericht. „Rassismus ist hierzulande nicht mehr nur eine Frage des Umgangs mit Rechtsradikalen“, sagte er.

Aus: NOZ vom 07.01.13, Abduck mit freundlicher Genehmigung der Redaktion



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