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Dienstag, 27.11.2012

Muslimische- und jüdische Religionsgemeinschaften für den Gesetzesentwurf der Bundesregierung

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages beschäftigte sich im Rahmen einer Anhörung mit dem Thema Beschneidung

Berlin: Die Beschneidung des männlichen Kindes wird unter Experten kontrovers diskutiert. In einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Montagnachmittag legten elf Sachverständige ihre Positionen dar. Im Zentrum standen ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/11295) und eine von 66 Abgeordneten der Oppositionsfraktionen unterzeichnete Gesetzesinitiative (17/11430).Chancen hat dieser Antrag allerdings nicht, und auch in einer Expertenanhörung des Rechtsausschusses findet er kaum Befürworter. So sind sich die Vertreter der Religionsgemeinschaften einig, dass nur der Gesetzentwurf der Regierung verfassungskonform ist und die Religionsfreiheit achtet.

Während die Regierung auch die Beschneidung von Neugeborenen erlauben will, fordert der Gruppenantrag, diese erst nach Vollendung des 14. Lebensjahres zu legalisieren. Die Gruppe der Sachverständigen bestand aus vier Medizinern, fünf Juristen, einem Vertreter des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, sowie einem Vertreters des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek, in Deutschland. Beide Vertreter der Religionsgemeinschaften waren einer Meinung. Sie sprachen sich für die Beschneidung bei Neugeborenen und somit den Regierungsentwurf aus. Sie argumentierten, dass es in ihren Religionen Tradition sei, die Beschneidung am 7. bzw. am 8. Tag nach der Geburt vorzunehmen. Die Beschneidung sei „kein Akt der Folter“, sagte Kramer, sondern ein „Initiationsritual zur Aufnahme in eine Religionsgemeinschaft“. Das entspreche dem Kindeswohl, denn Kinder hätten ein Recht auf Religionsausübung, erklärte er.

Das Beschneidungs-Urteil des Landgerichts Köln, das die öffentliche Debatte um die Beschneidung ausgelöst hatte, sei „bemerkenswert unjuristisch“, sagte Mazyek. Es erwecke den Eindruck, jüdische und muslimische Eltern würden sich weniger um das Wohl ihrer Kinder sorgen als andere. Die Beschneidung des männlichen Kindes gehöre zu den muslimischen Pflichten. Deshalb begrüße er den Regierungsentwurf, der zur Rechtssicherheit beitrage.



Die Mediziner hingegen waren geteilter Meinung. Oliver Hakenberg, Direktor der Urologischen Universität Rostock, erklärte, die Vorhaut sei „kein überflüssiges Körperteil“. Andernfalls hätte sie die Evolution nicht überstanden. Die Behauptung, dass die Beschneidung medizinisch sinnvoll sei, sei „nicht tragbar“. Wer dies trotzdem behauptet, will seiner Meinung nach an dieser verdienen und habe ein „wirtschaftliches Interesse“.

Die Bamberger Ärztin Antje Yael Deusel erklärte, dass sie nicht nur als Medizinerin, sondern auch als Rabbinerin spreche. Sie sagte, dass die Beschneidung „kein archaischer Ritus“ sei, sondern immer nach dem aktuellen Stand der Medizin durchgeführt werde. Deusel sprach sich in diesem Kontext für eine zertifizierte Ausbildung der „Mohalim“, wie die Beschneider heißen, aus. Die Beschneidung eines Jungen erst nach dem vollendeten 14. Lebensjahr vorzunehmen, könnte traumatisch für ihn sein. In diesem Alter komme die Beschneidung eher einer Mutprobe oder einem Männlichkeitsritual gleich. Außerdem, argumentierte Deusel, würde dann die „Bar Mitzwa“, das Fest zur Erlangung der religiösen Mündigkeit, vor die Beschneidung, die „Brit Mila“ fallen. Aber die „Brit Mila“ sei für die „Bar Mitzwa“ notwendig.

Die geladenen juristischen Experten waren sich einig, dass infolge des Kölner Urteils eine schnelle gesetzliche Regelung nötig sei. Hans Michael Heinig, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht der Universität Göttingen, sprach sich für den Regierungsentwurf aus. Und Siegfried Willutzki, Direktor des Amtsgerichts Brühl a.D., sagte, die Beschneidung erst ab der Vollendung des 14. Lebensjahres zu erlauben, sei ein Eingriff in das Elternrecht.

Quellen: bundestag.de und andere