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Montag, 01.10.2012
„Die Zeit der Putsche sei in der Türkei vorbei“
AKP gibt sich am Parteitag stolz und siegesgewiss – Treffen zischen Erdogan und Mursi in Sachen Syrien – Kritik an Deutschland - Erdogan mit grosser Mehrheit als Parteichef wiedergewählt
Der Premier Ministerpräsident Tayyip Erdogan gab für seine Partei große Ziele vor: Bis 2023, dem Jahr des hundertjährigen Bestehens der Türkischen Republik, soll das Land nicht nur eine eigene Auto- und eine eigene Flugzeugindustrie aufbauen. Erdogan wünscht sich auch 'Türkische Universitäten im Ausland', und Türken sollten in die meisten Länder dann visafrei reisen können. Mit der EU streitet die Türkei seit Langem über einen Wegfall der Visapflicht. Das Pro-Kopf-Einkommen in der Türkei soll 2023 25000US-Dollar erreichen (von derzeit 10 000). Mit überwältigender Mehrheit ist der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan am Sonntag auf dem großen Parteikongress in Ankara als Vorsitzender der AKP im Amt bestätigt worden. 1.421 Delegierte sprachen ihrem Parteivorsitzenden dabei zum vierten Mal in Folge das Vertrauen aus. Das entspricht einem Stimmenanteil von 95 Prozent.
Die Zeit der Putsche sei in der Türkei vorbei, versicherte Erdogan vor seinen jubelnden Anhängern weiter. Jeder, der in die Demokratie eingreife, müsse sich früher oder später vor Gericht verantworten. Erst vor einer Woche hatte ein Gericht in Istanbul erstmals 300 ehemalige und amtierende Offiziere, darunter hohe Ex-Generäle, zu hohen Haftstrafen verurteilt, weil sie 2003 einen Militärcoup gegen die Regierung geplant haben sollen. Das Urteil ist umstritten, weil das Gericht angeblich manipuliertes Beweismaterial akzeptierte.
Deutschland und Frankreich forderte Erdogan auf, die Rechte der Muslime in ihren Ländern besser zu schützen. Er verlangte, in Europa Strafrechtsparagrafen gegen 'Islamophobie' zu schaffen. Erneut pries er die Türkei als Modell für andere Länder der Region. Stolz präsentierte der Regierungschef die lange Gästeliste für den Parteitag. Auch Ex- Kanzler Gerhard Schröder gehörte zu den Eingeladenen. Einer der prominentesten Besucher war der ägyptische Präsident Mohammed Mursi
Ägypten und Türkei wollen intensiv zusammenarbeiten, um den Krieg gegen das eigenen Volk in Syrien zu beenden
Unterdessen traf gestern Ministerpräsident Tayyip Erdogan mit dem ägyptischen Präsidenten Mohamed Mursi zusammen. Beide betonten, dass eine Lösung im Syrien-Konflikt dringend notwendig sei. Erdogan sagte am Sonntag: "Ein hochrangiges strategisches Berater-Treffen ist nun in Kairo geplant. Wir haben nun auch das Datum mit meinem Bruder Mursi bei bilateralen Gesprächen geklärt. Ich habe große Erwartungen von diesem Zusammenkommen Anfang November mit einer 13-köpfigen Delegation und hoffentlich einschneidenden Konsequenzen."
Auch Mursi äußerte sich hoffnungsvoll und holt aber noch weiter aus: "Wir sind mit der Türkei einer Meinung, was den Syrien-Konflikt betrifft und auch beim Palästina-Problem. Wir sind alle der Ansicht, dass alles getan werden sollte, um auch den Palästinensern ihre Freiheit und Unabhängigkeit zu geben." Primär konzentrieren sich allerdings die diplomatischen Bemühungen im Moment aber auf eine möglichst schnelle Lösung in Syrien. Besonders vor dem Hintergrund, dass Syrien ein Nachbarland der Türkei ist. Viele Flüchtlinge strömen aus dem Land in Richtung Türkei.