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Donnerstag, 27.09.2012
Konfuse Islampolitik der Bundesregierung
Während erst gestern wieder Bundeskanzlerin Merkel eindeutig bekennt: Islam ist Teil Deutschlands und deutlich den Unterschied zwischen Extremisten und Muslimen hervorhebt, kann sich der Innenminister nicht ganz von der umstrittenen Plakataktion lossagen. Derweil legt die Justizministerin einen beachtlichen Gesetzesentwurf zur Beschneidung vor
Berlin - Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist der Islam ein Teil Deutschlands. In einer Telefonschaltkonferenz der CDU mit rund 7000 Parteimitgliedern plädierte sie für mehr Toleranz gegenüber den mehr als drei Millionen Muslimen in der Bundesrepublik. "Wir sollten da ganz offen sein und sagen: Ja, das ist ein Teil von uns", sagte Merkel.
Angesichts der gewalttätigen Proteste in mehreren islamischen Ländern gegen Mohammed-Schmähungen und -Karikaturen forderte Merkel, stärker zu differenzieren. "Wir müssen unheimlich aufpassen, dass wir nicht alle über einen Kamm scheren", sagte die Bundeskanzlerin: "Die Islamisten sind nicht der Islam in Deutschland." Die absolute Mehrheit der Muslime hierzulande distanziere sich eindeutig von Gewalt. Wer sich weigere, die hiesigen Gesetze anzuerkennen, müsse aber mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, stellte die Kanzlerin klar.
KRM fordert die sofortige und endgültige Einstellung der Plakataktion
Ausgerechnet in einer Straße in Köln (Keupstrasse), in der Rechtsextremisten eine Bombe explodieren ließen, wurden die Karten mit Motiven der umstrittenen Plakataktion verteilt. Der Bundesinnenmister zeigt sich gestern bei einer Anfrage z.T. ahnungslos z.T. auch unseinsichtig, dies eigentlich unterbinden zu müssen.
Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) kritisierte die Aktion in der Keupstraße als "in hohem Maße unsensibel". Die Grünen im Bundestag forderten eine Entschuldigung. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verteidigte jedoch die Postkarten-Aktion und wies die Forderung der Grünen zurück: "Das Ministerium und ich werden uns nicht dafür entschuldigen, dass wir den radikalen Islamismus und Salafismus (...) bekämpfen", sagte Friedrich bei der Regierungsbefragung im Bundestag.
Der KRM forderte die sofortige und endgültige Einstellung der Plakataktion. „Dieser Vorgang ist an Unsensibilität kaum mehr zu überbieten und gehört umgehend eingestellt“, so Ali Kızılkaya, Sprecher des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland (KRM) gestern in einer gemeinsamen Stellungnahme der vier Dachverbände DITIB, VIKZ, Islamrat und ZMD. DITIB selber bat zudem eigens Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem offenen Brief gebten, "sich persönlich mit den Auswüchsen der ,Vermisst'-Aktion des Bundesinnenministeriums zu befassen".
ZMD begrüßt Straffreiheit bei Beschneidung
Der Zentralrat der Muslime begrüßt das Eckpunktepapier des Justizministeriums, das die Straffreiheit von Beschneidungen von Jungen vorsieht und damit zur Rechtssicherheit beiträgt.
Danach ist die Beschneidung unabhängig von der religiösen Motivation zulässig. „Die Überprüfung der religiösen Motivation würde einer staatlichen Gesinnungsprüfung gleichkommen, die nicht haltbar wäre.“ sagte die Generalsekretärin des Zentralrates der Muslime, Nurhan Soykan, heute in Köln.
„Die Anknüpfung an den Kindeswohlvorbehalt wird sicherlich noch einer Konkretisierung bedürfen, inwieweit ein entgegenstehender Kindeswille Berücksichtigung findet.
Weiterhin ist kritisch die Regelung zu prüfen, wonach Eingriffe bei Kindern bis zum Alter von sechs Monaten nicht der Arztpflicht unterliegen, Eingriffe bei älteren Kindern aber schon. Diese Abstufung gilt es unter dem Aspekt der Gleichbehandlung zu erörtern.“ fügte sie hinzu.