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Freitag, 13.07.2012

Eine neue journalistische Methode im Westen: Interview mit dem Diktator

Ein Zwischenruf von Rupert Neudeck zu den heutigen Interviews in denen sich Diktatoren von ihrer besten Seite prästentieren versuchen.

So etwas ist an Benito Mussolini, Adolf Hitler, Salazar, Josef Wissarionowitsch Stalin und Franco noch zu Ihrer Zeit vorbeigegangen. Sie hatten nicht mal die Möglichkeit, zur Nacht in ihrer Palästen und Wolfsschanzen, auch unterirdisch renommierte Publizisten zu empfangen, um diesen des langen und weiten ihre Politik zu erklären, zwischendurch auch mal erst eine Frage zu korrigieren, um auf die selbstkorrigierte Frage eine Diktator-korrekte Antwort zu geben.

Da scheint es seit Claus Klebers Fernseh-ZDF-Interview mit Ahmedinedschad, dem usurpierten Präsidenten des Iran einen regelrechten Durchbruch zu einer neuen Programmform im politischen Feld zu geben. Auf Kleber folgte Christiane Hoffmann mit ihrem eigenen Diktator-Interview mit Ahmedinedschad in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Am Sonntag den 8. Juli zur besten Weltspiegelzeit bekam der gar nicht blutig aussehende Diktator Bachir Assad in seinem Palast in Damaskus die Gelegenheit, mit einem ehemaligen MdB und Publizisten Jürgen Todenhöfer für die ARD zu sprechen, 22 Minuten, ein Format, was es sonst nicht gibt im deutschen Fernsehen. Jürgen Todenhöfer war im Palast und wurde freundlich begrüßt, er hatte einen vorherigen Besuch in Damaskus schon während der Schlächterei des Diktators zu einem Besuch im mondänen Palast genutzt.

Der junge Diktator wirkt smart, modern, kein Bart, keine Dunkelmänner-Attitüde, alles blitzsauber, eher westlich getönt. Jeder bekommt ein Verfahren, auch die Offiziere, die sich an der Bevölkerung vergehen. Die Mehrheit, die er in der Bevölkerung hat, kann er nutzen, um gegen die vorzugehen, die im Hintergrund lauern, die Vereinigten Staaten, aber auch Saudi Arabien. Das Volk will Reformen, und es wird die auch bekommen. Und viele Terroristen, die Rebellen zu sein behaupten, schlüpfen in Armee Uniformen der syrischen Armee. Das war die einzige Frage, die zu simpel war in Todenhöfers Zettelfragenkatalog. Der Angriff kommt von außen, auch von der Türkei. Wäre er bereit, um des Friedens willen zurückzutreten? Nein, das würde sein Volk ja nun gar nicht verstehen, denn gerade in Zeiten höchster Not muss er die Aufgaben weiter übernehmen. Wenn jemand seine Waffen niederlegt, kann er sofort eine Amnesty genießen. Das haben Sie schon mehrmals gemacht und durchgeführt. Die nächsten Wahlen kommen und dann werden die Syrer auch Gelegenheit haben, Parteien zu wählen mit Rebellen, die keine Waffen nehmen.

Danach brachte der „Weltspiegel“ kurze gute skeptische und ehrliche Kommentare von Bernhard Zand vom Spiegel, der die Region kennt und Jörg Armbruster, der sie noch jüngst mit den UN-Blauhelm-Beobachtern besucht hatte. Das war sehr hilfreich, sonst wäre der Mann fast wie ein Friedensfürst und Modernist durchgegangen.

Das könnte eine neue Mode werden, nach der Hypertrophie der ausgeleierten Talksendungen braucht das Fernsehen eine neue Mode. Das Home-Interview im bisher verbotenen Palast, mit eigenen Technischem Team, Kamera und Ton aus den Dienern des Palastes. Anbieten würde sich das Interview mit dem neuen jungen Kim Jong Un, Sohn von Kim Jong Il in Pyöngyang, zu dem man Dieter Hildebrandt als Publizisten und ehemaligen Chef der Lach- und Schließgesellschaft schicken könnte.

Das würde sich anbieten auch für Robert Mugabe/Zimbabwe, der teilnahmslos dem Verschwinden seines arbeitsfähigen Volkes nach Süd-Afrika, Botswana und Mozambique (bisher bis 3- 4 Millionen) zusieht, der es aber ganz gewiss nicht unter der Moderation von Peter Scholl-Latour machen würde.

Man könnte die Serie auch mit verflossenen autoritären Herrschern fortsetzen: Man würde die Reihe mit dem in Saudi Arabien residierenden ‚lebenslang’- Herrscher Tunesiens, Zine El-Abidine Ben Ali,  beginnen lassen: „Was habe ich falsch gemacht in meiner Diktatur?“ Dazu sollte man den Vollblutreporter mit arabischen Kenntnissen Ullrich Kienzle nach Riad schicken. In Zimbabwe wäre zusätzlich der Präsident des volksdemokratischen Äthiopien (bis 1991) zu bekommen, der sich gegenwärtig aus Angst vor Anschlägen im Lande verkriechen muss, Haile Mariam Mengistu.

Man könnte auch Hosni Mubarak anfragen, ob er am Krankenbett zu einer neuen Folge bereitstehen würde: Was habe ich in meiner Zeit als Ägyptens Staatschef und Chef der Dynastie Mubarak alles verkehrt gemacht?

Die Reihe ließe sich in Gefängnissen und Tribunalen fortsetzen. Mit Ex-General Ratko Mladic im Den Haag Tribunal, mit Liberias Charles Taylor nach der Urteilsverkündung. Mit Omar el Bechir, dem gesuchten Präsidenten des Sudan,  zu der Frage: Warum ich nicht nach Den Haag gehen werde? (Rupert Neudeck)