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Montag, 25.06.2012

Mohammed Mursi: Neu gewählter Präsident von Militärs Gnaden?

Trotzdem ein wichtiger Etappensieg auf dem Weg zu einer Demokratie am Nil – Glückwünsche aus EU, Deutschland, UNO und den USA und viel Skepsis

In seiner ersten TV-Ansprache am Sonntagabend hatte der neugewählte ägyptische Präsident Mohammed Mursi versöhnliche Töne angeschlagen und sich als Staatsoberhaupt aller Ägypter bezeichnet. Ägyptens neuer Präsident versprach außerdem die Einhaltung aller internationaler Verträge und würdigte mit gefühlvollen Worten die Revolution des vergangenen Jahres, die den Sturz von Ex-Machthaber Mubarak bewirkt hatte. Mursi äußerte sich ausführlich zu den mehr als 800 Menschen, die während des Aufstands gegen Mubarak von den Sicherheitskräften getötet worden waren. "Die Freiheit hatte eine hohen Preis", sagte er. "Ich verspreche, dass ich alles tun werde, dass das Blut der Märtyrer nicht vergeblich vergossen wurde."

"Muslime oder Christen, Männer oder Frauen, Alte oder Junge, (...), ihr seid alle meine Familie", erklärte er. Die Unabhängigkeit der Justiz müsse garantiert werden. Die Armee bezeichnete er als "historische Institution", die von allen geachtet werde. Auch die Angehörigen der Polizeikräfte seien "Brüder aller Ägypter". Nur wer beim Vorgehen gegen die Anti-Mubarak-Proteste Schuld auf sich geladen habe, müsse "entsprechend dem Gesetz bestraft werden".

Innerhalb von 48 Stunden muss nun das alte Kabinett des vom Militär eingesetzten Premiers Kamal Ganzouri aufgelöst werden. Danach muss Mursi seine Regierung vorstellen. Schon wenige Tage vor seinem Sieg hatte sich Mursi mit anderen linken und liberalen Vertretern getroffen, darunter mit dem Internetaktivisten Wael Khalil, Ahmed Maher und der Fernsehmoderator Hamdy Qandil.

Glückwünsche aus dem Westen

Auch aus dem Westen kamen Glückwünsche an Mursi: Die US-Regierung sprach von einem Meilenstein auf dem Weg zur Demokratie. Es sei wichtig, dass der neue Präsident bei der Regierungsbildung auf alle Wählerschichten eingehe und die Rechte aller Ägypter beachte, heißt es in einer Stellungnahme des Weißen Hauses. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton begrüße auch den friedlichen Verlauf der Präsidentenwahl, sagte deren Sprecherin. Frankreichs Präsident François Hollande äußerte die Hoffnung auf einen Übergang Ägyptens zu einem "demokratischen und pluralistischen politischen System".

Bundesaußenminister Guido Westerwelle gratulierte Mursi in einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes über den Kurznachrichtendienst Twitter und betonte gleichzeitig, dass der Weg zu echten demokratischen Verhältnissen noch weit sei.

Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, er vertraue darauf, dass Mursi "keine Mühen dabei scheuen wird, sicherzustellen, dass das Volk Ägyptens seine Hoffnungen auf mehr Demokratie verwirklicht".

Ist der neue Präsident wegen fehlender Machtausstattung zum Scheitern verurteilt?

Selbst nachdem Ägypten nun einen Präsidenten hat, bleibt die Frage, wie viele Rechte dem nominell obersten Amt des Staates verblieben sind. In der Übergangsverfassung, die das Militär unmittelbar nach der Schließung der Wahllokale letzten Sonntag veröffentlich hatte, waren Teil der Rechte des Präsidenten beschnitten und dem obersten Militärrat übertragen worden. Außerdem sicherten sich die Generäle die Unantastbarkeit durch alle gewählten politischen Institutionen und verfügten über Gerichte die Auflösung des ersten frei gewählten Parlaments Ägyptens. Das sind nicht gerade demokratische Vorboten einer neuen Zeit,  sondern sprechen eher für einen weiteren Kampf zwischen den alten Kräften des Regimes und den freien Willen des ägyptischen Volkes.

Trotz der Wahl liegt alos die Macht am Nil nach wie vor in den Händen der Militärs. Bis zu 40 Prozent des ägyptischen Bruttoinlandsprodukts wird schätzungsweise von Betrieben im Besitz des Militärs erwirtschaftet, was den Generälen einen enorme wirtschaftlichen Macht gibt. Mit den jüngsten Verfassungszusätzen haben sich die Generäle zudem großen Einfluss auf weite Teiles des politischen Lebens verschafft. De facto bestimmen sie die ägyptische Außenpolitik, sind für die innere Sicherheit im Land zuständig und haben die Oberaufsicht über den Staatshaushalt, die Gesetzgebung und die verfassungsgebende Versammlung.