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Samstag, 21.04.2012
Erster ehemaliger Spitzenpolitiker übernimmt politische Verantwortung für das NSU-Desaster
ZMD begrüßt Otto Schillys Aussage und fordert führende Politiker und Spitzenbehörden auf, "sich Schily zum Vorbild zu nehmen und ebenfalls die politische Verantwortung für ihr Versagen im Falle dieser schrecklichen Mordserie zu übernehmen" – Scharfe Kritik dagegen wegen Kauders Aussagen
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, hat es begrüsst, das der frühere Bundesinnenministers Otto Schily die politische Verantwortung für die jahrelangen und Nichtaufklärung der Nazi-Morde an Migranten übernommen hat: "Endlich kommt ein führender Politiker aus der Deckung", sagte Mazyek heute dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel.
Es sei aber "eine Schande für unser Land und für unsere politische Kultur, dass dies so lange gedauert hat". Mazyek forderte weitere führende Politiker und Spitzenbehörden auf, "sich Schily zum Vorbild zu nehmen und ebenfalls die politische Verantwortung für ihr Versagen im Falle dieser schrecklichen Mordserie zu übernehmen". Das müsse in einzelnen Fällen "konsequenterweise auch Rücktritte zur Folge haben".
Schily hatte am Donnerstag im Tagesspiegel erklärt, es sei ein Fehler gewesen, dass er schon beim Kölner Anschlag 2005 zusammen mit Nordrhein-Westfalens damaligem Innenminister Behrens einen terroristischen Hintergrund klar ausgeschlossen hatte.
Das Ansehen der politischen Klasse steht auf dem Spiel, der Staat fordert nur glaubwürdig Zivilcourage ein, wenn seine obersten Diener auch danach entschieden handeln. Endlich kommt ein führender Politiker aus der Deckung und übernimmt sowas wie die politische Verantwortung damals in die falsche Richtung ermittelt zu haben und einen rechtsterroristischen Hintergrund bereits am Tag des Anschlages (z.B. 2004 in Köln) kategorisch ausgeschlossen zu haben.
ZMD zu Volker Kauders (CDU) Aussage: "Weltoffenheit wird anders buchstabiert."
Die Äußerung von Unions-Fraktionschef Volker Kauder, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, sorge dagegen für Brennstoff, die politische Kultur in Deutschland weiter zu verschlechtern. Aiman Mazyek, nannte die Worte des CDU-Politikers "schädlich für das Zusammenleben".
Der "Passauer Neuen Presse" (Freitagsausgabe), sagte er zudem, dass die Äußerungen Kauders seien historisch nicht richtig. Hier gehe es um Schlagzeilen und "Effekthascherei", nicht um substanzielle Politik: "Weltoffenheit wird anders buchstabiert."
Der ZMD befürchtet, dass Kauders Äußerungen "in rechtsextremen Kreisen als Aufmunterung und Bestätigung uminterpretiert werden". Schon jetzt würden viele Moscheegemeinden Alarm schlagen und von zunehmenden Übergriffen und Anschläge berichten. "Die Islamfeindlichkeit in Deutschland ist in den letzten Jahren stark gewachsen.", so Mazyek abschließend.