Donnerstag, 06.06.2002
zur Erwiderung Abu Yusufs auf meinen vorangegangenen Leserbrief zum
Thema "Kopftuch":
Friede sei mit Euch und die Gnade des kritischen Denkens (die Gottes natürlich auch)!
Zugegeben, das Tragen des Kopftuchs ist zunächst einmal eine persönliche Entscheidung der jeweiligen Frau. Falls es jedoch den Zweck erfüllt, weibliche Reize zu verbergen (die nun sicherlich nicht nur in den Haaren stecken), so fallen mir andererseits im Alltag insbesondere jüngere Muslimat auf, die zwar Kopftücher tragen, andererseits teils eng anliegende Oberbekleidung, die keinesfalls weibliche Reize besonders kaschieren. Kuriose Mischung irgendwie.. Ist das Kopftuchtragen dann einfach nur Gewohnheit, oder ein Zeichen von Gruppenzugehörigkeit?
Gerade jetzt im Sommer fallen mir zudem die "Schwitzverpackungen" insbesondere älterer Muslimat auf (die wahrscheinlich teilweise zu eingefahren sind, um sich noch zu ändern) – ist das etwa gerecht (und der Islam pochtet ja so sehr auf Gerechtigkeit), dass Papa Öztürklücü im farbenfrohen Halbarm-Hawaiihemd daherkommt, während Mama Öztürklücü zehn Schritte dahinter kriecht, als wandelnder Folkloreklamottenberg, in dem sie womöglich die nächste Eiszeit überleben würde?
Ich gebe zu, dass für mich, der kein Muslim ist, sondern sich als freidenkerischer Monotheist versteht (der deutsche Prophet, dem ich folgen könnte, ist leider unbekannt geblieben, trotz der Versicherung des Qur'âns, dass in jedem Volk ein Gesandter aufgetreten sei, mit Mohammed als krönendem Abschluss), dass für mich als Außenseiter die Versuchung groß ist, in religiösen Geboten zunächst einmal einen Sinn und Zweck zu suchen (siehe oben: weibliche Reize zu verbergen) - wahre Gläubigkeit würde sich diese Warum?-Frage wahrscheinlich erst gar ninicht
stellen. Andererseits finde ich es schade, dass Dezentheit in der Kleidung in der Islam-Szene in erster Linie eine Sache der Frau ist – oder steht etwa im Quran, dass ein Mann seinen durchtrainierten Körper ebenfalls durch das Nichttragen von z.B. Muscle-Shirts etwaigen interessierten Blicken der holden Weiblichkeit zu entziehen hätte? (...)
Ich würde mich über interessante, möglicherweise überzeugende
Stellungnahmen freuen.