Dienstag, 28.05.2002
Zu den Äußerungen Karslis und Möllemanns:
Die Rhetorik Jamal Karslis, das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser mit „Nazimethoden“ zu vergleichen war unpassend und er nahm diese glücklicherweise auch zurück und dies sollte nun genügen.
Sein menschliches Entsetzen ist für mich jedoch verständlich, denn wenn man das brutale und menschenverachtende Vorgehen der israelischen Armee sowie die provokante und ignorante (Siedlungs- )politik Israels und seines Premiers Scharon in den besetzten Gebieten betrachtet, so muss man lange nach den richtigen Begriffen hierfür suchen! Israel ist von den meisten Ländern als Demokratie anerkannt, doch stellt sich bei mir als überzeugter Demokrat die Frage nach der demokratischen Legitimation für solch eine Vorgehensweise, die die Parteien in Nahost immer mehr von einem doch für uns alle essentiellen Frieden entfernt.
Im Gegensatz zu Karsli hat jedoch Jürgen Möllemann von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht ( so empfinde ich dies zumindest ) und sein Entsetzen über das Geschehen in Nahost sowie darüber hinaus seine Ansicht über M. Friedmanns Verhalten geäußert, das so mancher in Deutschland als arrogant und ignorant empfindet und dies sollte man auch äußern dürfen, ohne gleich als Antisemit oder etwas anderes beschimpft zu werden!
Letzteres lässt bei mir die Assoziation von Martin Walsers „Moralkeule“ auftreten und zeigt mir persönlich das wir noch partiell viel Nachholbedarf in unserer Diskussionskultur haben.
Es liegt mir hier fern, Antisemitismus zu unterstützen geschweige denn zu betreiben.
Doch muss man in unserer Demokratie auch das Recht haben, Israel oder Mitglieder des Zentralrats der Juden in Deutschland kritisieren zu dürfen, wie man dies auch bei allen anderen Menschen tun kann und darf, ohne jedoch unsere – als Deutsche - besondere historische und auch gegenwärtige Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk außer Acht zu lassen!
Selbstverständlich sind auch Terroranschläge auf unschuldige und wehrlose Zivilisten aufs Schärfste zu verurteilen, doch dabei wird man nicht gleich als Antisemit tituliert.
Aber nicht nur Juden sind Semiten, sondern auch die ca. 200 Millionen Araber, vielleicht werden die Parteien in Nahost etwas überlegter handeln, wenn sie diese besondere Verbundenheit zwischen Arabern und Juden auch auf ethnischer Ebene verinnerlicht haben!
Als Europäer und Deutsche jedoch sollten wir das Recht haben, JEDE Seite kritisieren zu können, denn nur so kann auch dauerhaft ein Frieden in Nahost und anderswo realisiert werden.
Denn Neutralität des Vermittlers verbindet i. d. Regel die Konfliktpartien, Parteiergreifung hingegen schürt i. d. Regel Wut und Zorn.