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Mittwoch, 05.10.2011

Eklat in der UNO wegen Syrien-Resolution: Russland und China düpieren den Sicherheitsrat

Regime-Sprecher Dschaafari bei der UNO greift Deutschland frontal an: "Deutschland, das die Juden in Europa verfolgte, spielt sich nun als ehrlicher Makler einer verlogenen und betrügenden Resolution auf."

New York - Russland und China haben mit ihrem Veto die Uno-Resolution gegen Syrien zu Fall gebracht - und damit einen offenen Streit in den Vereinten Nationen ausgelöst. Die beiden ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat nutzten am Dienstagabend ihr Veto, um die Mehrheit für eine moderate Resolution gegen das Regime in Damaskus zu verhindern.

Nach der Abstimmung hat der syrische Uno-Botschafter Baschar Dschaafari für einen Eklat im Sicherheitsrat gesorgt. Dschaafari griff jene Länder scharf an, die einen Resolutionsentwurf gegen die syrische Regierung eingebracht hatten - darunter auch Deutschland. US-Botschafterin Susan Rice verließ angesichts der massiven Vorwürfe empört den Saal.
Nach heftigen Angriffen gegen Großbritannien und Frankreich sagte Dschaafari unter anderem: "Und dann ist da Deutschland, der dritte Musketier." "Deutschland, das die Juden in Europa verfolgte, spielt sich nun als ehrlicher Makler einer verlogenen und betrügenden Resolution auf." Auch die Vorwürfe gegen die USA hatte Dschaafari zuvor in Zusammenhang mit Israel gebracht. Jede Hilfe der USA für Israel, jede Entscheidung bei den Vereinten Nationen für Israel sei "Beihilfe zum Völkermord", sagte der Syrer.

Von deutschen Diplomaten hieß es, dass sich das Verhalten des syrischen Botschafters nahtlos in das des gesamten Assad-Regimes einfüge: "Er hat leider erneut eine Chance zum ernsthaften Dialog zu den drängenden Problemen seines Volkes verpasst." Die Äußerungen seien nur ein durchschaubares Ablenkungsmanöver.

Wir sind empört, dass dieser Rat es nicht geschafft hat, auf Assads Brutalität zu antworten",

Das Assad-Regime geht seit Monaten mit brutaler Gewalt gegen die Opposition vor, die den Rücktritt des Präsidenten fordert. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen sollen bisher etwa 2700 Menschen getötet worden sein. Wegen der Medienblockade der syrischen Regierung lassen sich die Angaben nicht unabhängig überprüfen. Die Uno hatte vor gut einem Monat von 1900 Toten gesprochen.
Doch ein gemeinsames Vorgehen der Uno gegen das Regime scheint derzeit nicht möglich. So widersetzt sich Russland vehement einer scharfen Resolution gegen Syrien. Moskau unterhält einen wichtigen Militärstützpunkt in dem Land, zudem ist Russland - ebenso wie China - Waffenlieferant und Ölkunde Syriens. Wegen der Vetodrohung war bereits ein Resolutionsentwurf im Frühsommer gescheitert, der aktuelle Entwurf war erheblich entschärft worden. Er verurteilt zwar die Gewalt, enthält aber keine Sanktionen. Selbst die Drohung mit Sanktionen wurde abgeschwächt auf eine Erwähnung "zielgerichteter Maßnahmen".

"Ein Veto wird uns nicht stoppen. Wir werden weiter versuchen, den Unterdrückten eine Stimme zu geben", sagte der französische Uno-Botschafter Gérard Araud mit Blick auf die Blockade Russlands und Chinas. "Präsident Assad hat jede Legitimation verloren." Auch sein britischer Kollege Mark Lyall Grant zeigte sich "tief enttäuscht": "Die Situation wird immer schlimmer. Wie kann man von Dialog sprechen, wenn das Regime die grundlegendsten Menschenrechte verweigert?"

Russlands Uno-Botschafter Witali Tschurkin kritisierte dagegen das Papier scharf als "entstanden in der Philosophie der Konfrontation". Das könne dem Dialog in Syrien im Wege stehen. "Wir können nicht akzeptieren, dass mit Sanktionen gedroht wird." Die Entwicklung in Syrien sei nicht allein in den Händen der Regierung. "Wenn die Gesetze von Herrn Assad nicht perfekt sind, sollten wir darüber reden. Aber Sanktionen sind der falsche Weg." Russland und China wollten an einer eigenen, "ausgewogenen" Resolution arbeiten. Chinas Uno-Botschafter Li Baodong sagte, "die internationale Gemeinschaft sollte konstruktive Hilfe geben, aber ansonsten die inneren Angelegenheiten tolerieren".

Scharfe Worte kamen auch von US-Botschafterin Rice: "Wir sind empört, dass dieser Rat es nicht geschafft hat, auf Assads Brutalität zu antworten", sagte sie. "Heute haben zwei Mitglieder einen Entwurf verhindert, der weichgespült war und nicht einmal das Wort Sanktionen enthielt." Jetzt wüssten die Syrer, welche Länder an ihrer Seite stehen. "Die, die heute gegen die Resolution gestimmt und einen brutalen Diktator gedeckt haben, müssen sich vor dem syrischen Volk verantworten."

Deutschland bemühte sich um Mäßigung, die Worte waren für deutsche Verhältnisse aber deutlich: "Heute hat der Sicherheitsrat versagt in seiner Aufgabe nach der Uno-Charta, internationalen Frieden und Sicherheit zu bewahren", sagte Botschafter Peter Wittig. "Wir haben deutliche Zugeständnisse gemacht. Wir sind tief enttäuscht, dass einige Ratsmitglieder nicht zu einem Kompromiss fähig waren." Quelle: dpa, SPIEGEL.DE u.a.)