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Sonntag, 19.06.2011
Syrien unter Feuer
Regime lässt Städte brutal stürmen – Tausende Menschen fliehen über die Grenze in die Türkei - UN-Generalsekretär und Erdogan fordern Ende der Gewalt gegen das Volk
In Syrien fordern seit drei Monaten Zehntausende demokratische Reformen und den Rücktritt Assads, dessen Familie das Land seit vier Jahrzehnten autokratisch regiert. Nach Angaben von syrischen Menschenrechtsgruppen wurden bislang 1300 Zivilisten und mehr als 10.000 Menschen verhaftet.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den syrischen Staatschef Baschar al-Assad erneut zu einem Ende der Gewalt gegen Regierungsgegner aufgefordert. Die Regierung in Damaskus müsse damit aufhören, «Menschen zu töten», sagte Ban bei einem Besuch in Brasilien. Er forderte Assad zudem auf, in einen umfassenden Dialog mit der Bevölkerung zu treten und «mutige Massnahmen zu ergreifen, bevor es zu spät ist».
Syriens Armee stürmte erst kürzlich die Kleinstadt Dschisr al-Schughur. Dabei nahmen Panzer der syrischen Truppen die Ortschaft nahe der türkischen Grenze unter Beschuss und töteten dort und in Nachbarorten nach Auskunft von Menschenrechtsaktivisten mindestens 21 Menschen und zerstörten laut Aussagen von Flüchtlingen deren Getreideernten und Brunnen. Assad soll mit bis zu 30000 Soldaten mit Panzern und Hubschraubern zu heftigen Gefechten gesorgt haben, am Ende brachte die Armee die Stadt wieder unter ihre Kontrolle. Ein syrischer Flüchtling sagte dem Wochenmagazin SPIEGEL dazu: "Ich habe Leichen gesehen, die ganz aufgebläht waren durch die Hitze. Die Soldaten haben auf alles geschossen, was sich bewegte: Menschen und Tiere, Erwachsene und Kinder. Auf alles."
Assads Ansehen in der Islamischen Welt gesunken
Zugleich schwoll der Flüchtlingsstrom über die türkische Grenze an. Inzwischen sollen über 9000 Menschen aus der Region in den Auffanglagern auf der anderen Seite angekommen sein. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan, bisher Partner Assads, äußerte offene Kritik: Er kündigte dem Syrer die Unterstützung auf und warf ihm 'Barbarei' vor. Die Türkei spielt eine wichtige Rolle in Nahost. Die offene Kritik des Türken an den syrischen Sicherheitskräften dürfte Assad in der islamischen Welt schaden.
Trotz des brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte gehen die landesweiten Proteste weiter. Zum Freitagsgebet waren wieder Zehntausende in mehreren Städten wie Aleppo, Deraa, Homs, Latakia und Kamischli demonstrieren.
Da Syrien keine ausländischen Reporter ins Land lässt, sind sich die meisten Berichte kaum zu überprüfen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), forderte Syrien auf, der Organisation Zugang zu Verletzten und Verhafteten zu gewähren.