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Leserbriefe

Dienstag, 27.11.2001



Grit Ikram Ouahim schrieb:


Salemualaikum Jan ! (ALLAH sagt, dass wir JEDEM Frieden für seinen Weg wünschen sollen!)

Es freut mich sehr, dass Du Dich scheinbar wirklich mit diesem Thema auseinandersetzt und das auch sehr fundiert.
Es ist unmöglich in einem Brief jeden Punkt, den Du angesprochen hast zu kommentieren. Darum will ich nur kurz auf einige Punkte eingehen.

Du hast vom Familien- u. Erbrecht geschrieben.
Was vielen Andersgläubigen merkwürdig erscheint, ist die Verteilung der Finanzen.
Denn Sinn will ich Dir kurz erklären: Eine reiche Frau kann einen armen Mann heiraten und es steht ihr trotzdem frei zum Unterhalt der Familie beizutragen. Ein Mann steht immer in der Verpflichtung seine Familie zu versorgen. Darum steht ihm im Erbfall auch mehr zu. Das deutsche Sozialnetz entspricht voll und ganz dem Familienrecht des Islams.
Z.Bsp. die Morgengabe- Die Frau soll damit abgesichert werden, um im Notfall (Tod des Ehemannes, Scheidung,...)für ihren Unterhalt sorgen zu können.
Die Vielehe (Heute fast unmöglich zu praktizieren, da die erste Frau einverstanden sein muß !) darf nicht als "Schöner Harem für den Mann"gesehen werden, sondern war zu den damaligen Zeiten sehr sinnvoll. Durch die Kriege gab es eine Männerminderheit und für die Frauen und ihre Kinder war es eine Möglichkeit der absoluten Armut zu entgehen und wieder versorgt zu werden und unter dem Schutz einer Familie zu stehen
Bei der Zeugenaussage ist die Aussage des Mannes mehr wert, als die der Frau.
Warum? Ganz klar! Es ist in der ganzen Welt bekannt (Alle sich für emanzipiert haltenden Frauen mögen mir verzeihen), dass der Mann logischer und rationaler denken kann, als eine Frau. Eine Frau läßt sich von ihren Gefühlen lenken und läßt sich viel leichter beeinflussen.
Das superbeliebte Thema "Kopftuch" : Es ist ganz klar als Schutz für den Erhalt der Familie zu sehen !!!
Warum begehrt ein Mann eine andere Frau und ist bereit seine Familie aufs Spiel zu setzten? Weil diese andere Frau so toll kochen kann, weil sie den Haushalt gut führt, oder weil sie ein so guter Kamerad ist ? NEIN! In erster Linie sind optische Anreize der ausschlaggebende Punkt. Haare können eine Frau sehr weiblich und sinnlich erscheinen lassen. Dazu die passende Kleidung und ein bißchen Make up und das "perfekte Frauenbild" ist für den bereiten Mann geschaffen. Im Islam wird mit Kleidervorschriften dagegengehalten, um das zu verhindern. So einfach ist das zu verstehen. Die letztendlich wirklich leidtragenden sind bei einer Trennung doch die Kinder. Wenn Du Dich mit der passenden Lektüre versiehst, wirst Du feststellen, welchen potentiellen Lebensweg diese Kinder vor sich haben.

Menschenrechte:
Grundsätzlich sind alle Menschen gleich, weil sie ja alle den gleichen Schöpfer haben!
Im Islam geht es nur darum, sich vor der Verführung der anderen Glaubensrichtungen zu schützen. Darum wird es uns Nahe gelegt, uns unsere besten Freunde nur unter "Gleichgläubigen" zu suchen, da sie unsere Sitten und Gebräuche teilen und respektieren.
Wir dürfen weder morden, noch vernichten, sondern uns höchstenfalls verteidigen.
Selbst im Krieg ist es den Soldaten strengstens untersagt Kinder, Frauen und alte Menschen zu töten !!!!!!!
Jedes Jahr sind wird verpflichtet "SAKAT" zu entrichten. Mann kann das durchaus als eine sogenannte Armensteuer sehen.
Dieses Geld bekommen die Bedürftigen und darf sogar Andersgläubigen gegeben werden, wenn eine nachvollziehbare Notsituation besteht. Ich muß allerdings zugeben, dass wir hier in Deutschland in erster Linie an andere Muslime denken (meist im Ausland), weil die hier lebenden Bedürftigen duch das soziale Netz zum größten Teil abgesichert werden.
Der Islam ist generell gegen die große Spaltung zwischen arm und reich.
Eine Frau darf nur eine bestimmte Menge an Gold und kostbaren Kleidern besitzen, ein Mann darf weder Gold noch Edelsteine besitzen und ein guter Moslem sollte mit dem Wissen, dass er Geld und Gut hortet nicht gut schlafen können. Aber das ist natürlich der Idealfall !

Zum Thema Kindergärten:
Meine Kinder gehen in städtische Kindergärten und dagegen ist grundsätzlich auch nichts einzuwenden. Die Forderung nach islamischen Kindergärten ist darin zu sehen, dass in deutschen Kindergärten auf den christlichen Glauben eingegangen wird (Ganz besonders zu Ostern, Pfingsten, Weihnachten), aber in keiner Weise auf den Islam. Ich glaube, dass jeder davon profitieren würde, wenn islam. Feiertage genauso einbezogen werden würden, wie die christlichen.
So können Vorurteile und die Fremdartigkeit beseitigt werden !!!!!!! Ich bin stolz ein Moslem zu sein und ich möchte nicht, dass meine Kinder in "Auffanggruppen" landen und sich dadurch vielleicht ausgeschlossen fühlen, während die Christen Religionsunterricht haben.

Fundamentalismus:

Mit diesem Wort muß gründlich aufgeräumt werden!!!!!
Man muß diese Wort erst einmal verstehen, bevor man es in den Mund nimmt.
Das Wort beinhaltet Fundament und ein Fundament ist ein "Grundstein", etwas, das zugrunde gelegt wird.
Zu Zeiten des Propheten Mohammed gab es all das nicht, was heute als "Fundamentalismus " bezeichnet wird.
Erst ein paar hundert Jahre später - durch die Spaltung des Islams in Sunniten und Schiiten - (genauere geschichtliche Hintergründe zu schildern würde den Rahmen sprengen) entstand ein gewisser Radikalismus, hinter dem auch ich nicht stehe.

Mir hat die Trennung zwischen Westen und Islam nicht gefallen.
Der Islam ist nicht mehr nur ein Privileg des Auslandes!

Generell und abschließend muß ich aber ganz bewußt einräumen, dass der Frieden in jedem selbst liegt !!!
Auch der Islam wird von jedem Menschen anders gelebt und ausgelebt.
Oft werden Religion und Tradition so sehr miteinander vermischt, dass es keine Grenzen mehr gibt.
So kann es durchaus passieren, dass z. Bsp. Türken und Nordafrikaner über ihre gemeinsame Religion ins Streiten geraten können, weil der eine meint etwas besser zu wissen als der andere.

Ich habe das große Glück gehabt, den Islam unabhängig von jeder Kultur studieren zu dürfen und habe es trotz meiner Heirat mit einem Marokkaner größtenteils in den Griff bekommen, mich nicht von Traditionen leiten zu lassen, bzw. Tradition und Religion voneinander zu trennen.
Ich lasse mich durch die Liebe zu ALLAH von meinem Herzen leiten und versuche ganz einfach (es ist aber leider gar nicht so einfach ) durch seine Leitung ein etwas bessere Mensch zu werden. Ich stehe mit jeder nur erdenklicher Konsequenz hinter meinem Glauben, aber ich bin nicht blind !
Das größte Geheimnis des "SEINS" hat ALLAH in uns selbst versteckt, weil er wußte, dass wir in die Tiefen des Meeres oder bis ins Universum vordringen würden.
Selbst die größten islamischen Gelehrten sagen, dass es für einen Menschen fast unmöglich ist alles richtig zu machen und selbst der Prophet hat in seinen Gebeten um Verzeihung gebeten. Der Mensch kann nicht perfekt sein und ein Mensch ohne Richtlinie ist wie ein wildes Tier, das sich verirrt hat.

Den "Heiligen Krieg", den schon jede Religionsgruppe im Namen Gottes geführt hat, kann man, so denke ich, nur mit Liebe und Geduld zu seinen Mitmenschen führen. Man kann niemanden zwingen (was wir Muslime auf keinen Fall dürfen !), sondern nur überzeugen. Durch unsere immer offen stehende Haustür (Für jeden Menschen-jeden Glaubens-solange er in Frieden kommt und das friedliche Miteinander sucht) versuchen wir das beiderseitige Anderssein zu überbrücken.

Vielleicht habe ich mit diesen Zeilen dazu beitragen können, dass Du einiges mit etwas anderen Augen sehen kannst. Wir sind nicht anders !!! In einem modernen Lied heißt es "...jeder Mensch hat rotes Blut..."
Und das sollte nicht mehr im Namen ALLAHs /GOTTes /... vergossen werden.

Frieden für Dich und Deine Familie
Grit Ikram Ouahim