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Samstag, 28.05.2011

Deutsche Firmen entdecken Einwanderer als Zielgruppe

Jahrzehnte nach den ersten Gastarbeiterwellen entdeckt die Verbraucherindustrie Einwanderer als kaufkräftige Zielgruppe. "Unbemerkt" wird anderssprachige Werbung geschaltet.

Mehr und mehr Konzerne stecken ihr Geld in zweisprachige Reklame oder passen sogar ihre Firmennamen an. So hat kürzlich die Targobank, vormals Citibank, die „Bankadas“ eingeführt um gezielt seine türkischsprachigen Kunden anzusprechen. Vorgemacht hat es ihr die Deutsche Bank, die bereits 2006 "Bankamiz" für türkischstämmige Privatkunden entwickelt hatte. Neben türkischsprachigen Beratern wird auch mit kostenfreien Überweisungen in die Türkei geworben. Nach Angaben der Deutschen Bank nutzen das Angebot bereits 75.000 türkische Kunden, die Targobank betreut nach eigenen Angaben über 200.000 Kunden.

17 Milliarden Euro Kaufkraft

Knapp drei Millionen Türken und türkischstämmige Deutsche leben heute in Deutschland. Etwa 50% von ihnen gehört zur besonders werberelevanten Zielgruppe der 15- bis 40-Jährigen. Marktstudien sprechen von einer Kaufkraft von 17 Milliarden Euro der türkischstämmigen Community. Lange hatten die deutschen Konzerne offenbar die Kaufkraft der Einwanderer übersehen, denn erst jetzt beginnen viele Konzerne mit anderssprachiger Werbung.

Dabei macht sich die deutsche Industrie zunutze, dass beispielsweise türkischstämmige Käufer weiterhin gerne in türkischen Supermärkten einkaufen, türkisches Fernsehen schauen, türkische Produkte konsumieren. Man schätzt, dass in Deutschland etwa zehn Milliarden Euro in türkischen Supermärkten umgesetzt werden. Bisher konnten in diesen Bereichen allein türkische Unternehmer punkten. Doch die deutsche Konzerne wollen dieses Marktpotential zurückgewinnen. So bietet Haribo explizit Gummibärchen ohne Schweine-Gelatine an – inklusive türkischer Produktbeschriftung. Auch Maggi bietet schon länger „helal“-Tütensuppen an, Kekshersteller Bahlsen wirbt ebenfalls in türkischer Sprache.

Interessanterweise bekommt die deutsche Zielgruppe davon wenig mit, denn die Unternehmen werben vor allem im türkischen Fernsehen und Zeitungen - fernab des deutschen Konsumenten aber gezielt für die Deutsch-Türken. Das hat für die deutschen Konzerne den Vorteil, dass ihre deutsche Kernkundschaft nicht verschreckt wird.

In Österreich hatte es beispielsweise in einem Fall laute Aufschreie und Boykott-Drohungen von Rechtspopulisten gegeben, als eine Molkerei ihre Milchpackungen zweisprachig bedruckte, und auch in türkischen Supermärkten anbot. Man sprach von der schleichenden Islamisierung Österreichs.

In anderen Ländern jedoch wie z.B. in Großbritannien oder den USA geht man weitaus gelassener mit zweisprachiger Werbung um. Dort ist es Gang und Gäbe im „Ethnomarketing“ mehrsprachig zu werben. Die niederländische Mobilfunkgesellschaft KPN hat bereits 2005 in Belgien die Mobilfunk-Marke Ay Yildiz eingeführt und so wesentliche Marktanteile gewonnen. Die deutschen Konzerne ziehen offenbar langsam nach.