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Montag, 14.03.2011
Navid Kermani mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet
Preisträger kritisierte den neuen Innenminister und mahnt Europa sich mehr für die demokratischen Umwälzungen in der arabischen Welt einzusetzen: "Europäisch ist, was auf dem Tahrir-Platz in Kairo passiert ist"
Bei der zentralen Eröffnung der "Woche der Brüderlichkeit" am Sonntag in Minden ist der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet worden. Der Islamwissenschaftler Kermani ist der erste Muslim, der die Auszeichnung erhält. Die Woche der Brüderlichkeit 2011 steht unter dem Motto "Aufeinander hören - miteinander leben".
Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille würdigt der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit "Kermanis intensive Auseinandersetzung mit der eigenen islamischen Religion, Kultur und Tradition, die er in ein nicht weniger intensives Gespräch mit dem Christentum und dem Judentum einbringt".
Der christlich-jüdische Dialog habe bei den Christen den Willen befördert, im jüdischen Glauben ihre Wurzeln zu sehen, "nicht nur einen Zweig am Stamm", sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Dies sei ein "historischer Fortschritt" gewesen. Mit der Auszeichnung Kermanis werde dieser Dialog "ein Stück" in Richtung eines Trialogs auch mit dem Islam erweitert. Kraft äußerte den Wunsch, "dass es in diese Richtung mit großen Schritten vorangeht".
Der Preisträger übte unterdessen wärend der Verleihung Kritik am Innenminister Friedrich: "Ich frage mich, wie wir unseren Kindern, dritte, vierte Generation, erklären sollen, dass das ihr Land, ihre Zukunft ist, wenn der deutsche Innenminister sagt: ,Ihr gehört nicht dazu'", kritisierte Kermani. Der 43-Jährige ist in Deutschland geboren und lebt in Köln.
Gleichzeitig mahnt er Europa mehr für die demokratischen Umwälzungen in der arabischen Welt zu tun: "Was hat Europa getan angesichts der Umwälzungen in Tunesien? Nichts!" Einfluss jedoch hätten die Nationalstaaten nur im europäischen Verbund. Das sei kein Versagen einzelner, sondern die europäische Diplomatie sei bewusst klein gehalten worden. "Europäisch ist, was auf dem Tahrir-Platz in Kairo passiert ist", mahnte er in seiner Rede (siehe auch Interview in der FR). Europa sei heute eine überbordende Bürokratie mit einer schwachen demokratischen Verankerung. Es müsse dagegen wieder eine Legitimation bei der breiten Bevölkerung erreichen.