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Mittwoch, 02.03.2011

Necmettin Erbakan beerdigt

Über 100.000 Türken haben mit einem Trauerzug in Istanbul Abschied von dem am Sonntag gestorbenen früheren Ministerpräsidenten genommen

Über 100.000 Türken haben mit einem Trauerzug in Istanbul Abschied von dem am Sonntag gestorbenen früheren Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan genommen. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und Staatspräsident Abdullah Gül, die einstigen Weggefährten ehemaligen Staatspräsident kamen am Dienstag zu der Beerdigung. Alle waren sie da: Alte Weggefährten wie alte Feinde. fromme Muslime wie Kemalisten. Es kondolierte die alte Spitze der CHP, jener Partei, für die Erbakan eine Zeitlang ein Fundamentalist war (und die doch mit ihm eine Regierungskoalition eingegangen war, als es sich anbot). Und es kondolierte die Armee: Sie schickte einen Kranz und die besten Wünsche ihres Generalstabschefs, der Erbakan einen 'wertvollen Akademiker und Staatsmann' nannte. Dieselbe Armee, die Erbakan 1997 - da war er Premierminister und auf dem Höhepunkt seiner Macht - aus dem Amt geputscht hatte, weil angeblich der Untergang der säkularen Republik bevorstand.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt heute dazu: „Erbakan war ein Patriarch alten Stils. Das große Aufgebot am Dienstag rührt auch daher, dass der stets höflich auftretende Erbakan nie der gefährliche Revolutionär war, als den ihn Armee und Kemalisten hinzustellen versuchten. Als Premier von 1996 bis 1997 gelobte er den von ihm eben noch attackierten USA treue Partnerschaft, und seine Regierung unterzeichnete Vereinbarungen über eine militärische Kooperation mit Israel. Die türkischen Politiker merkten schnell, dass er in seinem Pragmatismus einer der ihren war. Vor allem: In ihren Nachrufen erkennen nun auch seine Gegner an, dass Erbakan trotz aller Repressalien nie in den Untergrund ging oder zu Gewalt aufrief: Bis zuletzt kämpfte er im Rahmen des demokratischen Systems, so unzulänglich es auch war.“