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Mittwoch, 23.02.2011

„Beginnender Völkermord“

Amnesty International forderte ein Verfahren gegen Gaddafi vor dem Internationalen Strafgerichtshof – Arabische Liga schließt das Land vorläufig aus - UN-Sicherheitsrat verurteilt Regime - Live-Blogs über die Geschehenisse in Libyen

250 Tote bei den Protesten gegen Diktator Muammar al-Gaddafi - diese Opferzahl nennen die Vereinten Nationen (Uno). Tatsächlich sind bei den Unruhen in Libyen wahrscheinlich deutlich mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen. Bewaffnete Milizen des Diktators ziehen durch die Städte, Demonstranten wurden offenbar aus Hubschraubern und Kampfflugzeugen beschossen.

Libyens Vizebotschafter Ibrahim Dabbashi, der sich am Tag zuvor von Gaddafi losgesagt hatte, sprach im Sicherheitsrat von einem "beginnenden Völkermord". Der Machthaber setze auch Söldner "aus vielen afrikanischen Ländern" ein.

Mit der Erklärung des Sicherheitsrates wird Libyen weltweit immer mehr isoliert. Die Arabische Liga beschloss, das Land vorläufig von ihren Sitzungen auszuschließen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte ein Verfahren gegen Gaddafi vor dem Internationalen Strafgerichtshof. "Es besteht der begründete Verdacht, dass Gaddafi mit der rücksichtslosen Jagd auf Demonstranten in seinem Land Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat", sagte Amnesty-Deutschland-Chefin Monika Lüke der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Deshalb müsse der Uno-Sicherheitsrat unverzüglich den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag einschalten.

Nach Angaben einer Journalistenorganisation ist in Libyen ein kritischer Reporter verschwunden. Von Atef al-Atrash fehle seit Donnerstag jede Spur, teilte das Komitee zum Schutz von Journalisten mit. Al-Atrash habe für den Sender al-Dschasira aus Bengasi berichtet. Er hatte gerade noch gemeldet, dass einige Journalisten in der zweitgrößten Stadt Libyens festgenommen und sein Mobiltelefon abgeschaltet worden sei, als er verschwand. "Da versucht jemand ganz klar, mich mundtot zu machen", sagte er zuletzt. Al-Atrash hatte bei sei seinen Lokalberichten aus Bengasi im Internet auch immer wieder die Regierung kritisiert. Seit Tagen gibt es kein Internet mehr. Journalistisch arbeiten konnte man auch vor den Unruhen ohnehin nicht, weil es weder eine funktionierende Opposition noch eine freie Presse in Libyen je gab.


live-blogs über die Geschehenisse in Libyen

Wegen der spärlichen Nachrichtenlage ist man noch stärker auf blogs etc angeweisen. Hier ein paar ausgewählte:

Die Website Help Free Libya fasst bestätigte und unbestätigte Meldungen zusammen. Das Blog Libyafeb17 sammelt neben Nachrichten auch Fotos, Videos und Audios aus Libyen. Das Blog zur libyschen Jugendbewegung Feb 17th berichtet ebenfalls über den Aufstand.

Verschiedene große Nachrichtenseiten haben Liveblogs gestartet, die jeden Tag über die aktuellen Entwicklungen berichten. Allen voran der arabische Nachrichtensender Al Jazeera, der eine englische Website und ein englischsprachiges Blog führt. Die britische BBC hat ebenfalls ein Nachrichtenblog, genau wie die britische Zeitung Guardian.