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Leserbriefe

Sonntag, 14.10.2001



Frank Bubenheim schrieb:


Bi-smi ’Llâhi ’r-Rah:mâni ’r-Rah:îm

Bruder Dr. Nadeem Elyas sagte in einer früheren Stellungnahme zu den Terroranschlägen: „Man kann den Tod unschuldiger Zivilisten nicht mit dem Tod weiterer unschuldiger Zivilisten sühnen", was ebenfalls die Meinung des in Jordanien lebenden amerikanischen Muslims, Scheich Nuh Ha-Mim Keller ist (siehe: http://ds.dial.pipex.com/masud/ISLAM/nuh/terrorism.htm). Aber gerade das ist jetzt eingetreten, und wie man – leider – erwarten sollte, wird sich die Anzahl der durch die Angriffe der Alliierten getöteten, verwundeten, obdachlos gewordenen und anderswie betroffenen unschuldigen Zivilisten – unserer Geweschwister im Islam – mit dem Fortdauern der Angriffe weiter erhöhen. Einmal davon abgesehen, ob Usama ibn Ladin nun tatsächlich der Drahtzieher der Terroranschläge ist oder nicht und ob die Taliban-Regierung in ihrer Verweigerung seiner Auslieferung ohne Vorlage überzeugender Beweise richtig gehandelt haben oder nicht, so ist nun durch den Beginn der alliierten Kriegshandlungen eine neue Tatsache geschaffen worden, die auch unabhängig von ihrer Ursache betrachtet werden sollte.

Von zahlreichen Vertretern islamischer Organisationen in der islamischen Welt wird nun verkündet, dieser Angriff auf die unschuldigen Zivilisten in Afghanistan sei ein Angriff auf die gesamte Islamische Welt. Der US-Präsident George W. Bush hat seinen Krieg gegen den Terrorismus als „Kreuzzug“ bezeichnet. Dieser Begriff ist in der islamischen Welt – wenn er im Englischen vielleicht auch die Bedutung von Feldzug im allgemeinen Sinn haben sollte – mehrheitlich als Feldzug gegen die Muslime mit dem Ziel der Vernichtung oder zumindest völligen Unterwerfung der islamischem Umma verstanden worden, was durch seine Aussage, dieser Krieg sei nicht gegen den Islam und die Muslime gerichtet, kaum noch abschwächen läßt.

Die Regierung der BRD hat erklärt, sie stehe voll und ganz auf der Seite ihres Bündnispartners USA und sei bereit, ihn eventuell auch militärisch zu unterstützen. Wie es in der Presse heißt, nannte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel die amerikanisch-britischen Militärschläge gegen Afghanistan dringend nötig. Sie scheint sich als die deutsche blutrünstige Margret Thatcher profilieren zu wollen. Daher halte ich es für dringend nötig, diese Frau aus der politischen Szene zu entfernen, bevor sie größeren Schaden anrichten kann.

„Die emotionale Lage unter den Moslems in Deutschland sei nach den Fernsehbildern von den Angriffen sehr gespannt, sagte Elyas. Dies könne zu «gewissen Überreaktionen und Fehlverhalten» führen.“ Weiter sagte er: „Wir hoffen, daß wir in diesen Tagen mit der Bundesregierung und den Bundesländern enger zusammen arbeiten können, damit wir gemeinsam eine Spaltung in der Bevölkerung vermeiden.“ Hier stellt sich für den deutschen Muslim die Frage nach der Loyalität: Auf der einen Seite haben wir die Führer der Ungläubigen, die ihren Groll gegen den Islam und die Muslime nur schwer verbergen können, auch wenn sie angeblich einen Krieg für eine gute Sache, für die Gerechtigkeit, gegen den Terrorismus für die Freiheit führen.
Auf der anderen Seite haben wir die islamische Umma, zerstritten, zum Teil mit falschen Vorstellungen vom Islam (z.B., daß Terroranschläge gegen unschuldige Zivilisten erlaubt seien), mit selbsternannten Führern, die Fehler begehen, und die Massen, die in Wirklichkeit nicht gegen die Freiheit, sondern für die Befreiung vom Joch der Weltherrschaft der USA und deren verhätschelter Bestie (dem zionistischen Staat) zu kämpfen bereit sind, aber leider einen dieser fehlerhaften Führer, der schwere Übertretungen begangen hat, zur Symbolfigur erhoben haben.

Allahs Gesandter – Allah segne ihn und gebe ihm Heil – sagte: „Es werden Versuchungen (fitan) kommen wie Stücke finsterer Nacht. Dann wird der Gläubige über Nacht zum Ungläubigen werden.“ (Überliefert bei: Muslim u. Tirmidhi)

Möge Allah uns die rechte Entscheidung eingeben, damit wir nicht nachher, wenn es zu spät ist, feststellen müssen, daß wir auf der falschen Seite standen und damit über Nacht von Gläubigen zu Ungläubigen wurden!

Wa-s-salâmu ´alaikum

´Abdullâh Frank Bubenheim

´Ammân (Philadelphia), den 26. Radjab 1422 d.H., entspr. den 13.10.2001