Sonntag, 07.10.2001
Es ist sicherlich begrüßenswert, daß sich die Bischöfe in ihrer Hauptversammlung endlich dem Thema Islam annehmen.
Aber wie sollen wir als Deutsche, die vorwiegend im christlichen Glauben verwurzelt sind, einen Dialog mit einer anderen Religion führen, wenn die Kirche in Deutschland für viele Menschen kein ausreichendes moralisches und ethisches Sprachohr darstellt und keine wirklich sichere Lebensorientierung bietet ? Wie soll ein Dialog geführt werden, wenn das Sprechen über und mit Gott nicht selbstverständlich sind und in unserer Gesellschaft Religion zur Privatsache geworden ist ?
Wie soll ein Deutscher, der Unsicherheiten und Unkenntnisse in der eigenen Religion und in der religiösen Identität aufweist, überhaupt in der Lage sein, eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Islam zu führen ?
Ist die Kirche selbst in der Lage, sich kritischen theologischen Fragen zu öffnen und sich ihrer eigenen Vergangenheit im Umgang mit "Andersgläubigen" zu stellen ?
Bevor eine Auseinandersetzung mit dem Islam stattfinden kann, müssen wir eine eigene (religiöse) Standortbestimmung in unserer Gesellschaft vornehmen.
Unsere hoch technologisch ausgerichtete Gesellschaft sollte religiösen Fragen und geisteswissenschaftlichem Denken mit mehr Respekt begegnen,da sie nur mit Hilfe dieser Disziplinen unsere gesellschaftliche Atmosphäre auf Dauer positiv gestalten kann. Bessere Kenntnisse der eigenen Religion und fundiertes Wissen über andere Weltreligionen müßten uns aufrütteln, um endlich zu verstehen, daß die Tragödie des 11. Septembers vor dem Hintergrund des politischen Weltgeschehens zu erklären ist.
Ich hoffe, daß die Kirche ihren großen Herausforderungen und Aufgaben im Umgang mit anderen Weltreligionen gewachsen ist. Das respektvolle Miteinander und tatsächliche Verstehen des religiösen Empfindens der Muslime ist noch ein langer und steiniger Weg ...
Mit Kardinal Karl Lehmann haben wir sicherlich eine große Chance einen Weg zu ebenen, um eine bessere Verständigung zwischen den Weltreligionen zu erreichen !
Birgit Kemper