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Leserbriefe

Sonntag, 07.10.2001



Reiner Moysich schrieb:


Zum Kopftuchstreit möchte ich als deutscher humanistischer Agnostiker folgendes zu bedenken geben:
Es ist skandalös, mit welcher Begründung einer deutschen muslimischen Lehrerin verboten wird, ihr Kopftuch auch während des Unterrichts zu tragen. Und zwar, wegen des „Rechts der Schüler und Ihrer Eltern auf Schutz vor möglicher religiöser Beeinflussung“. Dies ist darum skandalös, da andererseits das entsprechende auf der christlichen Seite schon immer unbeanstandet blieb, nämlich das deutliche Tragen eines Kreuzes aus religiösen Gründen. Es ist ebenso falsch, Kopftuchträger automatisch für radikale Islamisten zu halten, wie Kreuzträger für radikale Christen! Offensichtlich geht man aber davon aus, dass eine „mögliche“ christliche Beeinflussung grundsätzlich positiv, eine islamische hingegen immer schädlich ist. Dies entspricht aber mittelalterlichem und nicht neuzeitlichem Denken. Außerdem widerspricht solch ein Verhalten massiv unserem Grundgesetz und den Menschenrechten (Verbot jeglicher Benachteiligung aufgrund religiöser Überzeugung). So eine krasse Benachteiligung schürt außerdem deutlich Fremdenfeindlichkeit ausgerechnet in der Schule, die doch eigentlich dafür da ist, das Miteinander in unserer multikulturellen (faktisch schon seit langem nicht mehr christlichen!) Gesellschaft zu fördern! Wenn die christlichen Kirchen befürworten, dass christliche Lehrkräfte ihren Glauben durch ein Kreuz zu erkennen geben, dann müssten sie sich doch eigentlich auch dafür stark machen, dass ähnliches Mitgliedern anderer Weltanschauungen natürlich ebenso erlaubt wird – andernfalls machen sie sich unglaubwürdig, wenn sie vorgeben, für soziale Gerechtigkeit einzutreten!
(Mehr zum Thema gerechte Gleichbehandlung im Weltanschauungsbereich unter:
www.humanist.de/religion/moysich)

Reiner Moysich
Diplom-Psychologe)