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Mittwoch, 03.11.2010

Skurrile Auswüchse der Islamdebatte: Versicherung verweigert Zahlung an Unfallopfer

Muslimische Männer würden grundsätzlich nicht im Haushalt arbeiten, erhalten ergo auch keine Kostenerstattung für Haushaltsführung. Josef Winkler (Die Grünen): „So etwas Absurdes habe ich noch nie gehört.“

Durch Verkehrsunfälle verletzte Opfer haben nicht nur das Recht auf Schadenersatz. Sie können auch die Kosten für die Haushaltsführung in Rechnung stellen, sofern sie auf Hilfe angewiesen sein sollten. Allerdings scheint neuerdings dieses Recht in Deutschland nicht mehr für Muslime zu gelten, wie ein Fall aus dem westfälischen Gütersloh belegt.

Eine Versicherung kam zu der Erkenntnis, muslimische Männer arbeiten grundsätzlich nicht im Haushalt. Wer nicht im Haushalt tätig ist, erhält somit keine Kosten für die Haushaltsführung. Mit dieser Logik bekam ein 79 Jahre alter Mann, der in Nordafrika zur Welt kam, von der Gothaer-Versicherung das Recht auf eben diese Kosten abgesprochen.

Er fuhr mit seinem Rad und wurde von einem Autofahrer erfasst und schwer verletzt. Aufgrund des von ihm unverschuldeten Unfalls lag der alte Herr mehrere Wochen im Koma. Er zog sich halbseitige Lähmungserscheinungen zu. Der Anwalt des Unfallopfers forderte für seinen Mandanten ca. 160.000 Euro als Schadenersatz und Schmerzensgeld. Darin inbegriffen waren anfallende Arbeiten an Haus und Garten, da der Verunfallte aufgrund der schweren Verletzungen körperlich nicht in der Lage war, diese Tätigkeiten selber durchzuführen.

Doch die Gothaer zahlte nur rund 100.000 Euro. Die Versicherung weigerte sich, diesen finanziellen Schaden dem muslimischen Unfallopfer zu gewähren. Man begründete dies u.a. mit der Sure 4, 34. Aufgrund seines Glaubens, dem Islam, verrichte der Mann sowieso keine Haushaltsarbeit, so die Versicherung. Im Islam, das weiß die Gothaer, ist die Frau dem Mann unterlegen. Nur deutsche Ehepaare teilen sich die Haushaltsführung, kann die Versicherung berichten.

Das ganze Vorhaben der Gothaer kann man in viele „Schubladen“ packen. Da sei der Rassismus ebenso genannt wie die Habgier. Möglichst wenig Euro dem schwerverletzten alten Mann zu zahlen.

Unter Umständen kam der Versicherung sogar komisch vor, dass der Mann allein radelte. Als Muslim und BeHERRscher über seine Frau hätte er doch ein Tandem benutzen müssen und seine Gattin hat ihn zu radeln und er genießt als „Beifahrer“ die „Tour de Gütersloh.“ Oder passt das Gefährt nicht zu einem Muslim aus Nordafrika. Wer aus Nordafrika stammt, ist nun einmal Kameltreiber. Wäre der Mann in Gütersloh doch mit seinem Kamel unterwegs gewesen, der Schaden wäre niedriger gewesen als bei einem Radfahrer.
Man kann sich nicht bis ins letzte Details ausmalen, was in manchen Köpfen vorgeht, wenn es gilt, dem Islam klarzumachen, er gehört nicht nach Deutschland. Ist er schon einmal hier, muss man ihn biegen und brechen, damit man ihm zeigt, wer Herr in Deutschland ist.


Die Herrenmenschen sitzen heute in Versicherungsstuben

Das Vorgehen der Gothaer-Versicherung war für uns einmal Anlass, bei zwei Volksvertretern nachzufragen, was sie dazu sagen. Der GRÜNEN- Bundestagsabgeordnete Josef Winkler, zugleich Sprecher für Flüchtlings- und Religionspolitik seiner Fraktion, erklärte gegenüber islam.de: „Das Vorgehen der Gothaer-Versicherung macht mich bestürzt. Ich muss gestehen, so etwas Absurdes habe ich noch nie gehört. Seit wann sind Schadensersatzleistungen einer Versicherung von der Religion abhängig?“ Einen gut gemeinten Ratschlag hat der GRÜNEN-Parlamentarier Winkler für die Versicherung parat: „Die Versicherung sollte sich schnellstens bei dem Mann entschuldigen.“

Der SPD- Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy, Mitglied im Fraktionsvorstand, sieht es auch so. Er erklärte auf Anfrage von islam.de: „Das Vorgehen der Gothaer-Versicherung verstößt eindeutig gegen das Antidiskriminierungsgesetz. Das Unternehmen sollte sich umgehend entschuldigen. Eine Ungleichbehandlung von Geschädigten aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ist rechtswidrig.“

Nachtrag: Die Gothaer -Versicherung betont nunmehr, eine „einzelne Sachbearbeiterin habe diesen unentschuldbaren Fehler“ begangen. Im Gespräch mit islam.de erklärte Martina Faßbender, Leiterin der Presse- und Unternehmenskommunikation sowie Öffentlichkeitsarbeit, in der Zentrale sei man „entsetzt gewesen, als man von diesem Vorgang Kenntnis genommen habe.“
In ihrem Unternehmen, das seit „190 Jahren am Markt ist, arbeiten Kolleginnen und Kollegen aus allen Kontinenten, mit allen Hautfarben und mit unterschiedlichsten Religionen. Dann wirft eine einzelne Mitarbeiterin das Ganze um. Dieses Vorgehen der Sachbearbeiterin wird für sie gravierende Konsequenzen haben.“ Weiterhin soll „die Religion unserer Kunden und unserer Mitarbeiter eine private Angelegenheit sein.“ Der Fall des 79 Jahre alten Unfallopfers werde daher schon bald vollkommen neu bewertet werden.


(Volker Taher Neef, Berlin)