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Leserbriefe

Mittwoch, 08.08.2001



Dipl.-Geol. Firouz Vladi schrieb:


OVG-Urteil in Sachen Fereshte Ludin

Artikel in www.islam.de vom 4.08.01

Das OVG gründet seine Entscheidung auf emotional gefärbte Mutmaßungen und Prognosen ohne jeden gesicherten Realitätsgehalt. Es ist nicht nur mittelalterlich, es ist zutiefst illiberal und rassistisch, denn es will das Zusammenleben mit und unter Ausländern schützen, indem es Ausländern ihre Identität nimmt. Und zwar just jene, die ausdrücklich durch das Grundgesetz geschützt ist: ihre Religion. Es verkennt zugleich, daß es immer mehr Deutsche sind, die dem Islam angehören, also Menschen deren Rechte zu sichern, die höchste Rechtsaufgabe ist. Da das Tragen und Ausleben christlicher Insignien und Feiertage nicht ausgeschlossen werden kann, kommt es zwangsläufig zu einer Schieflage, die auch hier wieder einen aus der deutschen Geschichte nicht unbekannten Beginn darstellt, dessen Ende heute nicht absehbar ist. Dem Ansehen Deutschlands, das gerade aufgrund seiner bösen Geschichte im Umgang mit religiösen Minderheiten der Welt ein Höchstmaß an Toleranz und Sensibilität schuldet, haben die Richter des OVG Stuttgart Schaden zugefügt. Es bleibt die Hoffnung, daß das Bundesverfassungsgericht das Ansehen unseres Landes, auf dessen Grundgesetz wir stolz sind, an dieser Stelle wieder herstellt.

Zu einem ähnlichen Fall in Niedersachsen kamen mir folgende Gedanken, die die Entscheidungsrichtung des OVG und anderer Gerichtsentscheidungen ad absurdum führen sollten.

Berufsverbote: In 20 Jahren dürfte sich der muslimische Bevölkerungsanteil in Deutschland auf ca. 5\% eingependelt haben. Das wären etwa 4-5 Mio., davon dann etwa 3 Mio. mit deutscher Staatsbürgerschaft. Nimmt man die Anzahl der Lehrerinnen in Deutschland und rechnet für das nicht mehr so fern liegende Jahr 2020 einen Anteil von nur 3 \% als Muslima, dann wird die Dimension des potentiellen Berufsverbotes deutlich. Es dürfte sich um reichlich 10.000 Fälle handeln. Da es staatlichen Stellen nicht zusteht, zu entscheiden, ob eine Muslima ihren Kopf bedeckt oder nicht, besteht für weibliche Gläubige ein faktisches Berufsverbot. Dies scheint von der Dimension her verfassungswidrig.

Die deutschbürtige Konvertitin Al-. hatte noch vor 12 Jahren den deutschen Namen P. Jeder weiß, daß sich hinter dem neuen Namen eine Muslima verbirgt, genauso wie hinter dem Kopftuch; und das dieser Name samt des muslimischen Vornamens angenommen wurde. Hat denn der täglich in der Schule so oft von den Schülern auszusprechende Name nicht auch eine die staatliche Neutralität verletzende Wirkung? Könnte die Kultusverwaltung eines Tages nicht auch gegen Männer vorgehen? Demonstriert der deutschstämmige verbeamtete Grundschullehrer Fritz Meier, der mit deutschem Paß im Alter 40 konvertiert und als gläubiger Muslim den Namen Mohammad Ali Abdullah annimmt, und der Gebets- und Fastenzeiten und Speiseregeln beachtet, nicht ebenso wie seine Kollegin mit Kopftuch gelebten Islam? Und wie wirkt das auf die SchülerInnen? Wird der Lehrer dann zwangsweise in den Verwaltungsdienst versetzt oder frühpensioniert werden müssen? Ja darf er überhaupt verbeamtet werden, wenn dieser Glaubensübertritt noch während der Probezeit stattfindet?

gez.
F. Vladi, Islamischer Arbeitskreis Harz