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Mittwoch, 06.10.2010
Parlamentarische Staatssekretärin Klöckner (CDU) irrt - oder will sich irren
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, Julia Klöckner (CDU), hat sich zur Rede von Bundespräsident Wulff über dessen Aussagen zum Islam zu Wort gemeldet. In einem Interview mit „SWR 2“ sagte sie am 6. Oktober, dass der Islam zu Deutschland gehöre, bedeute aber nicht, dass er auch „Fundament unserer deutschen Kultur ist.“ Wenn dies der Fall wäre, wäre in Deutschland weder eine Frau Kanzlerin, noch eine Frau Ministerpräsidentin. Julia Klöckner ist auch Spitzenkandidatin ihrer Partei bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr in Rheinland-Pfalz.
Dann wollen wir einmal in die Geschichtsbücher schauen, Frau Staatssekretärin. In der Islamischen Republik Pakistan war Frau Benazir Bhutto bereits 1988 im Amt als Premierministerin. In der Türkei war Frau Tansu Ciller bereits 1993 Ministerpräsidentin geworden. Frau Begum Khaleda Zia wurde im Oktober 2001 Premierministerin von Bangladesch. Es ließen sich noch weitere Damen aus anderen Ländern nennen.
In Deutschland wurde Frau Merkel 2005 Kanzlerin. Wie selbst die Staatssekretärin Klöckner zugeben wird, gab es bereits 17 Jahre vorher eine Frau Bhutto (immer mit Kopftuch in der Öffentlichkeit) im Amt. In Deutschland konnte erstmals 2005 eine Frau das Amt der Bundeskanzlerin ausüben. Bisher gab es bei uns noch nie eine Frau Bundespräsidentin. In der zahlreichen Geschichte der deutschen Länder und deren Landesväter gab es bisher nur drei Damen mit dem Titel Frau Ministerpräsidentin, nämlich Heide Simonis, Christine Lieberknecht und Hannelore Kraft.
Die Schwesterpartei (zum Glück heißt es nicht Bruderpartei) der CDU, die CSU aus Bayern, hat letzte Woche beschlossen, 40 der oberen Parteiämter mit Frauen zu besetzen. Dazu hat man im christlichen Alpenland mehr als 6 Jahrzehnte gebraucht, um die Frauen innerhalb der CSU voran zu bringen mit einer Quote. Liegt es an den bayerischen Herren oder am Christentum, (oder an beidem?) dass wir noch keine Landesmutter aus dem Freistaat Bayern jemals kennen gelernt haben?
Hat die Parlamentarische Staatssekretärin wirklich nichts von den taffen Damen aus islamischen Staaten gewusst? Oder wollte sie es nicht wahrhaben? Das, was nicht sein darf, nicht sein kann? Frauen mit Kopftüchern als Staatsoberhaupt, das schon Ende der 80 er Jahre. Da möchte eine CDU- Bundestagsabgeordnete gerne Ministerpräsidentin werden und kennt sich (noch) nicht so richtig mit einer Weltreligion und der Historie von Staatsoberhäuptern in aller Welt aus. Milde sei ihr verziehen. Altkanzler Kohl, studierter Historiker, gehört dem Hohen Haus nicht mehr an. Ihn, ihren Landsmann und Ex - Ministerpräsidenten von Rheinland - Pfalz, hätte Julia Klöckner ansonsten vorher einmal aufsuchen können. Er hätte ihr bestimmt von islamischen Frauen an den Schalthebeln der Macht berichten können. Nun ja, er ist nicht mehr im Bundestag vertreten.
Stellt sich zum Schluss die Frage, warum Frau Klöckner nicht ihren Fraktionskollegen Philipp Mißfelder, den Bundesvorsitzenden der Jungen Union, befragt hat. Er ist auch Historiker und aktuell Parlamentarier, sitzt also in ihrer Nähe im Bundestag.. Wollen wir Frau Klöckner ein zweites Mal verzeihen? (Volker-Taher Neef, Berlin)