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Montag, 19.10.2009
Deutschland fremdelt - Bekommen wir doch ein Integrationsministerium?
So lange man Integration als Ausländerproblem darstellt, wird sich dennoch nichts ändern
Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) hat sich für die Schaffung eines Integrationsministeriums ausgesprochen. "Es wäre ein wichtiges Signal zu sagen: Dieses Thema ist uns genau so wichtig wie zum Beispiel das Thema Umwelt", sagte er der "Bild am Sonntag". "Unter dem Gesichtspunkt, dass die Aufgabe der Integration in den nächsten Jahren ja noch drängender wird, sollten wir dieses Signal geben."
Aus der Koalitions-Arbeitsgruppe Familie, Integration und Kultur hatte es allerdings vergangene Woche geheißen, ein eigenes Integrationsministerium werde es nicht geben. Stattdessen solle der Integrationsbeauftragte der Bundesregierung einen verbesserten organisatorischen Unterbau erhalten, um seine Aufgaben besser koordinieren zu können. Heißer Anwärter ist der NRW-Integrationsminister Armin Laschet oder die bisherige Staatsministerin für Migrationsfragen Maria Böhmer.
Meist ist das Grundproblem bei diesen Themen, dass man in Deutschland Integrationsaufgaben nicht als Querschnittsaufgabe, sondern als „Ausländerproblem“ begreift. Manche meinen gar, dass ein paar hetzerische und blöde Sprüche à la Sarrazin die Lösung dieser Probleme sein könnte. Dem ist natürlich nicht so. Ein großer Journalist und Denker dieses Landes hat vor einiger Zeit den Begriff der zweiten deutschen Einheit benutzt, was die Herausforderung eines gelungenen Zusammenspiels der vielen Ethnien und Religionen in Deutschland angeht. Recht hat er. Es ist geradezu ein Lackmustest für Deutschland, wie ernst dieses Land es meint mit der Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Andersaussehenden. Es ist also in erster Linie ein gesamtgesellschaftliches, ein deutsches und nicht ein Ausländerthema, wie wir mit unseren Minderheiten umgehen.
Es ist dabei behutsam vorzugehen und dabei zu achten, dass nicht Gefühle verletzt werden oder Ressentiments aufgewirbelt werden. Keine leichte Aufgabe, wenn man beispielsweise die jüngste Diskussion um einen muslimischen Feiertag bedenkt.
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland begrüßte darin beispielsweise die Diskussion um die Errichtung eines muslimischen Feiertages in Deutschland. Denn es ist ein wesentliches Zeichen der Toleranz, Akzeptanz und Anerkennung gegenüber den Muslimen, wenn die muslimischen Feiertage als deutsche Feiertage anerkannt werden.
Der Generalsekretär des Zentralrats Aiman Mazyek verwies in dem Zusammenhang auf die schon gängige Praxis, dass muslimische Schüler an ihren Feiertagen schulfrei bekommen und sah im Hinblick eben dieser Gefühle und Ressentiments keine Veranlassung, daraus einen arbeits- und schulfreien Tag für alle Bürger in Deutschland zu machen. In der deutschen Presse wurde dieser Weg des Kompromisses verhalten kommentiert, stattdessen Kenan Kolats Polarisierungsvorschlag bis zu Neige ausgekostet: Nach dem Motto, seht her: Jetzt wollen die Türken noch an unsere heiligen Feiertage ran.
Interessanter Weise erweckte die türkische Presse eine ebenso anderes wie falsches Gegenbild, wonach der ZMD angeblich gegen die Anerkennung eines muslimischen Feiertages wäre.
So lange Integrationsthemen in diesen Polarisierungsstrudel von Polemik und Gegenpolemik fallen, so lange es ein Kampf ist, wer hat die besten Vorurteile, wird sich gar nichts ändern und wir werden jede Woche einen neuen Aufreger gekommen, so wie ein Drogenabhängiger einen neuen Kick braucht. (Hany Jung)