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Sonntag, 05.07.2009
Aus Islamhass getötet
Alexander W. tötet die Muslima Marwa im Gericht, nachdem er sie zuvor als „Terroristen und Schlampe“ beschimpfte. Radikale Hetzer im Internet bereiten schon seit Jahren den Boden für den gewalttätigen Rassismus gegen Muslime
Mitten in der Verhandlung am Landgericht Dresden am 1. Juli hat der Angeklagte Alexander W. (28) eine 32 Jahre alte Zeugin, die ägyptische Apothekerin Marwa E., mit seinem Messer getötet. Er konnte zuvor ungehindert die Tatwaffe in den Gerichtssaal mitnehmen. Bei dem Angeklagten handelt es sich nach psychologischem Gutachten nicht um einen „Irren“, wie man nach einer solchen Tat vermuten könnte. Offensichtlich war die Tat im Vorfeld von ihm geplant, denn das Einschleusen eines Messer in den Gerichtssaal wird kaum zufällig passiert sein.
Der 28 Jahre alte Täter, ein Deutscher, dessen Familie in den späten 80er Jahren im Rahmen des Programms „Eingliederung der Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion“ nach Deutschland kam, wurde erst nach der Tat überwältigt.
Die zu spät hinzu gerufene Polizei hat wegen des Handgemenges zudem unglücklicherweise das Feuer gegen den Ehemann eröffnet, der im Begriff war, seine im dritten Monat schwangere Ehefrau vor dem Mörder zu schützen. Er liegt nun schwer verletzt im Krankenhaus und ist erst gestern aus dem Koma erwacht. Der gemeinsame Sohn hat im Gerichtssaal den schrecklichen Vorfall und den Mord an seine Mutter mit ansehen müssen, er wird z.Z. ärztlich und psychologisch betreut.
Islamfeindlichkeit nicht verharmlosen - Wie Opfer zu Tätern gemacht werden
Alexander W. hat die getötete Frau als „Islamistin, Terroristin und Schlampe“ bezeichnet, weil die Kopftuch-tragenden Frau Marwa E. ihn damals bat, die Kinderschaukel auf einen Dresdener Kinderspielplatz für ihren Sohn frei zu machen.
Der Angeklagte wurde wegen seines Hassdeliktes an Frau Marwa W. gerichtlich verurteilt. Nach der Verurteilung Ende 2008 bekam der arbeitslose Lagerfacharbeiters vom Dresdner Amtsgericht einer Geldstrafe von 780 Euro wegen Beleidigung aufgebrummt. Doch die Staatanwaltschaft legte wegen der milden Strafe, die die Richter in Dresden verhängten, Berufung ein.
Während das mediale Interesse über die diese Tat eher einen Randnotiz darstellte - schließlich passieren ja fast tagtäglich in Deutschland solche Fälle - wurden im Internet auf den mittlerweile einschlägigen und jedem Sicherheitsexperten bekannten Seiten die ersten Hassbotschaften über den Fall ausgetauscht.
Diese Hetze tritt vermehrt bei solchen Ereignissen auf, sie findet dann unkontrolliert und volksverhetzend in den Diskussionsforen der Islamhassseiten ihre Ausbreitung.
Meist wird dann dort der Betroffene - oder wie in diesem Fall das Opfer - zum Täter degradiert, es wird ihm sogar nahe gelegt, dass es sich nicht so anstellen solle, schließlich sind doch „alle Muslime Terroristen“ und es solle doch froh sein, dass man die Muslime in Deutschland bisher „in Ruhe lässt“; dann folgt die altbekannte Propaganda, dass die Islamfeindlichkeit nur eine Erfindung der Muslime in Deutschland sei, um die Islamisierung „geschickt“ voran zu treiben.
Das beunruhigende und bisher kaum in der Öffentlichkeit thematisierte und von den meisten Politikern sträflich unterschätze Problem dabei ist: Von dieser Denke und der Vorstellung lassen sich mittlerweile auch Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, also nicht nur „durchgeknallte Nazis“, anstecken.
Erreicht haben diese obskuren Vorstellungen unbemerkt auch Teile der Mainstream-Presse. Wissenschaftler beobachten und beschreiben mit Sorge seit einiger Zeit dieses Phänomen und islam.de berichtet seit Jahren darüber ausführlich.
Tathergang und Hintergründe - Wie Islamhassseiten den Weg für den gewalttätigen Rassismus gegen Muslime ebnen
Im Gegensatz zu dem nun wegen Totschlags angeklagten Alexander W. arbeitete Marwa E. seit 2005 als Apothekerin und ihr Mann Ali W. ist Stipendiat am renommierten Max-Planck-Institut. Dennoch wurde die leidgeprüfte Familie Ziel rechtsextremer Propaganda. Es gilt deswegen für die Ermittlungsrichter auch zu prüfen, inwieweit Alexander W. von der Gehirnwäsche dieser einschlägig bekannten rechtsextremen Seiten („Politically Incorrect", „Pro Köln", grüne-pest.net um nur einige zu nennen) erfasst wurde und sich berufen sah, was bisher „nur“ in den Foren gehetzt wurde, auch auszuführen.
Denn diese antimuslimische Hetze bereitet seit Jahren den Boden für Hass gegen Muslime. Bisher wurden diese Warnungen – bis auf Ausnahmen – klein geredet. Wer sich dennoch dagegen verwahrt und dies öffentlich macht - wie z.B. der Generalsekretär des ZMD, Aiman Mazyek, oder der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy - sieht und sah sich einem gefährlichen pöbelnden und kaum zu bändigenden Mob gegenüber.
Dies sind gefährliche und äußerst beunruhigende antidemokratische Entwicklungen in Deutschland, die das Bundeskriminalamt und der Verfassungsschutz noch ernster als bisher beobachten sollte.
Edathy forderte unlängst, dass das Politcally Incorrect vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollte. Beim Zentralrat der Muslime werden bereits seit Jahren im Rahmen der Sicherheitsgespräche justitiable Hassbriefe und Mails an prominente Mitglieder des ZMD von den Sicherheitsbehörden ausgewertet und verfolgt.
Anteilnahme und Bittgebete für die getötete Muslima, ihrer Familie und Angehörigen
Dies ist ein schreckliches und für die Angehörigen unvorstellbares Verbrechen. Doch so überraschend kommt es halt doch nicht um die Ecke, wie einige Kommentatoren wider besseren Wissens meinen beschreiben zu müssen. Der Nährboden wird seit geraumer Zeit für solche Taten bereitet. Alle demokratischen Kräfte aus Politik, Kultur und Religion müssen aufstehen, dürfen diese Kräfte nicht bagatellisieren. Hingucken und nicht Weggucken ist das Gebot der Stunde, auch wenn die Wunde noch so schmerzt.
Unsere Gesellschaft muss sich endlich bewusst werden, dass wenn unter dem Deckmantel der Pseudo-Islam-Aufklärung weiter kontinuierlich Hass gegenüber den Muslimen gesät wird, immer häufiger diese Worte auch in Taten umgesetzt gesetzt werden – im schlimmsten Fall wie geschehen mit Todesfolge.
Nach dem schrecklichen Verbrechen gilt die Anteilnahme und unser Bittgebet der getöteten Ehefrau und Mutter, ihrer Familie und ihren Angehörigen. Es handelte sich nicht um einen bloßen Streit um eine Schaukel.
Inna lillahi wa ilayhi raji’un – Zu Allah gehören wir und zu ihm kehren wir zurück. Möge Allah unserer Schwester Marwa Seine Barmherzigkeit zu Teil werden.
Ministerpräsident aus Sachsen hat sich noch nicht geäußert - Ägyptische Botschaft kümmert sich - Erste Reaktionen der Muslime
Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) zeigte sich nach einem Besuch des Tatortes entsetzt und schockiert. Er sprach von einer unbegreiflichen Tat. "In dieser Stunde sind meine Gedanken bei dem Opfer und seinen Angehörigen. Der Familie gilt mein tiefempfundenes Mitgefühl." Eine Gerichtssprecherin kommentierte zusammenfassend den Fall so: "Dies ist der Super-Gau".
Nachdem ägyptische Botschaftsangehörige zunächst keinen Zugang zum dreijährigen Sohn der Getöteten hatten, befindet er sich nun in der Obhut der Schwester des immer noch im Krankenhaus liegenden Ehemannes. Sie ist, so wie der Bruder der Toten, am Freitag aus Kairo angereist und wird das Kind mit nach Ägypten nehmen.
Die ägyptische Botschaft in Berlin hat zwei Mitarbeiter nach Dresden abbestellt, um sich um den Sohn, Ehemann und die Verwandten vor Ort zu kümmern. Außerdem kommuniziert die Ägyptische Botschaft die Geschehnisse in die ägyptische und arabischsprachige Öffentlichkeit, die den Fall natürlich sehr besorgt betrachtet.
Bisher hat der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich noch nicht der Familie kondoliert oder seine Anteilnahme öffentlich geäußert.
Für morgen und die nächsten Tage haben Muslime erste Trauermärsche in Berlin, Dresden und in Köln angekündigt. Hoffentlich werden diese besonnen durchgeführt.
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