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Dienstag, 14.04.2009

Nach langem Zögern geht Obama in die Moschee

Türken erkennen darin demonstrativen Bemühungen des US-Präsidenten gemäßigte Kräfte an einen Tisch zu bringen

Barack Obama ist ungewöhnlich ernst und schweigsam. Er lauscht in der Blauen Moschee den Schilderungen der beiden Imame. Der US-Präsident, in einem dunkelgrauen Anzug mit blauer Krawatte und, wie es sich gehört, ohne Schuhe, bewundert die Architektur der 400 Jahre alten «Sultan-Ahmed-Moschee» mit den sechs Minaretten. Obamas sichtliche Anspannung hatte einen wenig bekannten Grund: Er hatte lange Zeit - bis zu diesem Tag in Istanbul - gezögert, eine Moschee zu betreten.

Denn während des erbitterten US-Präsidentschaftswahlkampfs im vergangenen Jahr musste sich Barack Hussein Obama (wie er mit vollem Namen heißt) gegen die Unterstellung wehren, er sei kein Christ sondern in Wirklichkeit ein Muslim. Schließlich stammt er väterlicherseits aus einer muslimischen Familie, besuchte im islamischen Indonesien als Kind zeitweise eine öffentliche Schule. Auf seiner Wahl-Webseite wurde angesichts der Unterstellungen versichert:: «Obama hat nie in einer Moschee gebetet. Er war nie ein Muslim, wurde nicht als Muslim aufgezogen.»

Während Obama im Wahljahr jeder wichtigen Minderheit in den USA seine Aufwartung machte, ignorierte er die auf 2,5 Millionen geschätzte Gruppe der Amerikaner muslimischen Glaubens - was diese zu empörten Stellungnahmen veranlasste. Aber Obamas Wahlkampfstrategen schien die Gefahr imageschädigender Bilder zu groß.

In Istanbul nun als gewählter Präsident verwies Obama nicht zum ersten Mal auf seine islamischen Wurzeln in der Familie, die ihn «bereichert» hätten. Obama fühlt sich inzwischen völlig frei, die Wichtigkeit neuer Beziehungen zwischen den USA und der islamischen Welt zu betonen. Das Thema eines «neuen Dialogs» mit den Muslimen war schließlich zentrales Thema seines zweitägigen Türkeibesuchs.

Nach dem politischen Programm in Ankara versammelte Obama in Istanbul deshalb auch die wichtigsten religiösen Führer der Türkei um sich. Er empfing in seinem «Conrad»-Hotel den Istanbuler Großmufti Mustafa Cagrici, den syrisch-orthodoxen Erzbischof Yusuf Cetin, den jüdischen Oberrabbiner Ishak Haleva und den armenischen Erzbischof Aram Atesyan. Den Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I. traf er zu einem Einzelgespräch.

Die Türken erkennen in dem Besuchsprogramm Obamas die demonstrativen Bemühungen des US-Präsidenten, gemäßigte Kräfte gegen religiösen Extremismus an einen Tisch zu bringen. Seine Bemerkung, die USA führten «keinen Krieg gegen den Islam» und sein Verweis auf seine muslimischen Verwandten wirkten wie eine ausgestreckte Hand, die in der Türkei dankbar ergriffen wurde. Obama habe die Herzen der Türken erobert, schrieb die Tageszeitung «Vatan».
(Quelle: Islamische Zeitung)