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Montag, 13.04.2009

Von der Schönheit

Vier persönliche Gründe für einen Deutschen, den Islam anzunehmen. Von Rashid Neusner



Warum geht ein Mensch, der 50 Jahre im „westlichen“ Kulturkreis lebte, eines Tages in die Moschee und wird Muslim? Um es mit Einem Wort zu sagen: es war die Schönheit des Islam, die mich überzeugte. Ich entdeckte, dass Islam gar nichts absolut Fremdes ist, gar nicht diese finstere Rückständigkeit, die man uns immer vormalt – sondern ein wunderbarer Ausdruck für das, was auch „uns“ im Herzen bewegt, aber in den industriellen und kirchlichen Mustern des Abendlandes keinen Ausdruck mehr findet. Was ich mit „Schönheit des Islam“ meine, das möchte ich durch vier Gründe genauer erklären.

1.Islam steht für Einheit in der Vielfalt

Die „westliche“ Kultur ist gerade dabei, sich völlig zu atomisieren. Spaltungen wie die zwischen „Seele“ und „Leib“ zerschneiden schon seit Jahrhunderten die Welt. Heute zerfällt das Weltbild in tausende Splitter, die keine Orientierung geben und nur mühsam vom Wirtschaftsdiktat zusammengehalten werden. Dagegen setzt das „La ilaha illallah“ ganz klar Einen Gott - Einen Schöpfer „der Welten“. Der Welten! Das ist das Schöne: Er lässt viele Welten zu. Kein Chaos, aber auch keine starres Diktat, sondern „Einheit in der Vielfalt“. Es gibt viele Propheten, die im Islam Brüder sind. Vor Allah sind alle Menschen gleich, egal welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe, Sprache, Nation oder Klasse. Diese schöne, reiche Einheit des Vielfältigen und Verschiedenen wurde schon früh von islamischen Künstlern geschildert. Wenn ich diese Bilder sehe, ist für mich ganz klar: Islam ist der friedliche Weg in die Zukunft - One God, many worlds.

2.Islam ist praktisch

Glaube ist etwas für sonntags, einige fromme Gedanken im Kopf, die aber nichts mit dem Alltag zu tun haben. So haben die Lehrer uns das in der Schule beigebracht. Der Islam überwindet diese Spaltung: So wie sich Gott in der Natur zeigt, so zeigt sich der Gottes-Glaube im praktischen Alltag. Daher die fünf Gebete, daher die lebendige Gemeinschaft im Islam. Überall und stets ist das Wirken des „Barmherzigen“ gegenwärtig. Das Leben ist schön.

3.Islam heißt Freude am Leben statt an toten Götzen

Die vielleicht größte Leidenschaft Muhammads, Friede sei mit ihm, galt der Zerstörung der Götzenbilder. Mich hat das fasziniert – denn sind wir nicht heute wieder von Götzenkulten umstellt? Das perfekte Ich, das stärkste Auto, die tolle Figur, der dickste Profit (und früher die Nation, die Partei): diese Idole versklaven „aufgeklärte“ Menschen. Räumt Leistungswahn und Drogensüchte weg, und ihr habt wieder Raum für menschlichen Umgang, für freundliches Geben und Nehmen! Die Befreiung des Lebens von allen Götzen, Mächten, Autoritäten und Zwängen, die nicht Gott sind, das ist im Islam Programm. Anstatt irgendwelche Gemächte anzubeten, freuen sich Muslime des lebendigen Schöpfers, der „größer“ ist – und viel schöner.

4. Islam eröffnet Wandlung und Entwicklung

Trotz hektischer „Innovationen“ ist die westliche Kultur in Erstarrung gefallen („Krise“). Mit Scheuklappen starren Menschen und Medien auf Wirtschaftswerte und Konsum-Idole. Über andere Wege wird nicht einmal mehr nachgedacht. Die Welt des Islam ist heute eine Blick-Erweiterung, ein Weg aus der Sackgasse. Die Natur des Menschen ist nicht, Geld zu zählen. Die Natur des Menschen ist seine Weiterentwicklung. Schon Goethe wusste, dass der Orient nicht Feind des Okzidents ist, sondern beide eine Entwicklungsgemeinschaft bilden. Das alte Feindbild propagiert nur, wer sich nicht menschlich entwickeln und wandeln will. Wer aber seine Angst vor Neuland überwindet, den wird die Schönheit des Islam belohnen.